Das Lied der Petroleure.
1. Wir sind die Petroleure,
Das weiß wohl Jedermann
Drum thun wir alle Ehre
Dem Petroleum an.
Und weil’s so schön zum Brennen ist
Und uns viel Licht verschafft,
Sei auch Petrol zu dieser Frist
Und edler Gerstensaft.
:,: Hier Petroleum, da Petroleum,
Petroleum um und um,
Laßt die Humpfen frisch voll pumpen,
Dreimal hoch Petroleum. :,:
2. Philister rümpft die Nase
Und meint, es riecht nicht gut;
Schimpft hinter seinem Glase
Uns „Sozialistenbrut“.
Er liest im Geldsackblatt sich dumm,
Meint, was er liest, sei wahr.
Brenn’ heller, lieb Petroleum,
Mach’ ihm den Standpunkt klar“
:,: Hier Petroleum, da Petroleum etc.
3. Schon brennt es in den Städten
So lich und frank und frei,
Man spürt, daß es von Nöthen
Auch auf den Dörfern sei.
Es leuchtet in dem Heere schon.
Man ist vor Staunen stimm,
Trotz Sub- und Ordination,
Brennt hell Petroleum etc.
:,: Hier Petroleum, da Petroleum etc.
4. Und ob auch trüb die Zeiten,
Wir wollen treu vereint
Stets muthig vorwärts schreiten,
Ist mächtig auch der Feind.
Und sperrt der Bruder Staatsanwalt
Auch einmal Einen ein,
Kriegt’s Petroleum mehr Gehalt
Und brennt noch ’mal so rein.
:,: Hier Petroleum, da Petroleum etc.
5. Petroleum-Genossen,
Ihr Brüder, wanket nicht!
Thu’ Jeder unverdrossen
Die Petroleuren-Pflicht.
Wir kümmern uns den Kukuk um
Die schwarze Stöckerei,
Das Wahlrecht und Petroleum
Sei unser Feldgeschrei!
:,: Hier Petroleum, da Petroleum,
Petroleum um und um,
Laßt die Humpen frisch voll pumpen,
Dreimal hoch Petroleum. :,:
Geschichte / Kommentar:
Das Lied schrieb Jakob Audorf als ironischen Kommentar zu
dem Vorwurf, die Pariser Kommunarden hätten die Stadt mit
Petroleum in Brand gesetzt. Seit jener Zeit wurden die Kommunarden auch
als Petroleure bezeichnete. Audorf bediente sich dabei einer Melodie
aus der Operette „Mamsell Angot“, die in den 1880er Jahren sehr populär war.
Quellen:
1. Sozialdemokratisches Liederbuch. Sammlung
revolutionärer Gesänge, 12. Auflage, London 1889, German
Printing and Publishing Co., Nr. 11, S. 17.
2. Max Kegel’s Sozialdemokratisches
Liederbuch, Stuttgart 1891 (3. Aufl.), Nr. 24, S. 38
Arbeiter-Liederbuch. Eine Sammlung
sozialdemokratischer Lieder und Deklamationen. Einunszwanzigste,
bedeutend vermehrte Auflage. New-York 1894, Verlag von Brausewetter
& Benedix, Alt-Bitamo, Druck von William Lehmann, 7. Avenue 596.,
Nr. 43, S. 50.
3. Sozialdemokratisches Liederbuch. 8.
veränderte Aufl., Zürich, Verlag der Volks-Buchhandlung,
1885, Nr. 11
4. Arbeiter-Liederbuch. Eine Sammlung
sozialdemokratischer Lieder und Deklamationen. Einunszwanzigste,
bedeutend vermehrte Auflage. Verlag von Brausewetter & Benedix,
Alt-Bitamo, Druck von William Lehmann, 7. Avenue 596., New-York 1894,
Nr. 43.
5. Demokratisches Liederbuch zum Gebrauch der
Volksvereine, Hrsgg. von einer Kommission des Demokratischen Vereins in
München, Verlag von Robert Lutz, Stuttgart, 1895.
6. Max Kegel’s Sozialdemokratisches
Liederbuch, (8. Aufl.), Stuttgart, 1897, Nr. 27
7. Konrad Beißwanger, Freie Klänge,
Nürnberg o.J. (ca. 1900), Nr. 14, S. 24.
8. Hermann Schlüter, Sozialistisches
Arbeiter-Ldb, Chicago, o. J. (ca. 1906), Nr. 23
Spätere Aufarbeitungen:
Lammel/Andert, Und weil der Mensch ein mensch ist,
Dortmund 1986, Nr. 37, S. 66.