Vandalia
Mecklenburg – Strelitz.
1. Wie heisst der Gau im deutschen Land,
Gesegnet reich von Gottes Hand,
Der in der goldnen Ähren Pracht
Dem Wanderer entgegenlacht?
Des Beltes Wogen liegt er nah,
Er wird genannt Vandalia.
2. Da grünt der deutschen Eiche Reis,
Der echten Bürgertugend Preis,
Da hält man Recht und Sitte wert,
Da wird des Landmanns Fleiss geehrt,
Da wohnt noch alte deutsche Treu’,
Da spricht man Wahrheit ohne Scheu.
3. Wo ist das biedre Volk voll Kraft
Das still und emsig wirkt und schafft,
Das nie geduldet fremde Schmach,
Das kühn die fremden Ketten brach?
Mit Ehren ward es stets genannt,
Das Volk im Mecklenburger Land.
4. Wie heisst der Fürst gerecht und mild,
Der Schirm des Rechts, der Freiheit Schild,
Den jede Herrschertugend schmückt,
Der gern sein treues Volk beglückt?
Hoch Friedrich Wilhelm! jubelt laut
Sein Volk, das freudig ihm vertraut.
5. Drum Heil dem edlen deutschen Mann,
Der Segen stiftet, wo er kann!
Ihm zeige jeder Tag aufs neu’
Des Volkes Lieb’, des Volkes Treu’!
Gott, Herr der Welt, bleib’ schützend
nah
Dem Herzog und Vandalia!
Geschichte / Kommentar:
Zur „Hofhymne“ von
Mecklenburg-Strelitz zitieren wir an dieser Stelle Otto Boehm, der sich
1901 mit den deutschen „Volkshymnen“ auseinandergesetzt
hat.
„Trotzdem das Fürstenhaus sowohl zu
Preussen wie zu England in verwandtschaftlicher Beziehung steht, hat
die Melodie der englisch-preussischen Hymne doch keinen Anklang im
Lande gefunden. Aber auch von einer besonderen Volkshymne mit eigener
Melodie war im ganzen ersten Drittel des verflossenen Jahrhunderts
nichts zu merken; die Hymnenzeit der Befreiungskriege ging eben an
Mecklenburg-Strelitz spurlos vorüber. Erst 1836 entstand eine
Hymne, jedoch nicht wie in den meisten anderen deutschen Staaten aus
innerstem Antriebe des Volkes selbst, allmählich aus vielfachen
poetischen Versuchen oder aus einer besonderen denkwürdigen That,
sondern infolge einer Familienfeier im Fürstenhause.
J. Fr. Bahrdt, zuerst
Apotheker, dann Privatsekretär des Ministers von Oertzen,
gestorben am 12. Dezember 1847 zu Neustrelitz, dichtete i. J. 1836 die
heutige Volkshymne, welche der sehr musikalische Sohn des Ministers,
der spätere [S. 54] Justizrat Karl von Oertzen, komponierte. Darauf wurde das Lied dem damaligen
Grossherzog Georg am 12. August 1836, seinem Geburtstage, von dem Hofopernsägner Gubitz in der
sog. Orangerie vorgesungen, und der alte Herr soll dadurch bis zu
Thränen gerührt worden sein. Seit dieser Zeit wurde das Lied
hoffähig, gelangte auch durch die Schulen allmählich zur
Kenntnis des Volkes und ist jetzt als Landeshymne anerkannt, aber
trotzdem im Lande nicht allgemein verbreitet. Viele kennen es garnicht;
anderen ist es bekannt, aber nicht als Volkshymne. Das Lied an und für sich ist durch aus
hübsch und viel besser als die meisten Heil – Hymnen,
scheint aber trotzdem nicht allgemein Anklang zu finden. Liegt es
amVolke, an dem etwas hochtrabenden Tone der Dichtung oder an der
Melodie? Der Dichter, der sich auch im Drama versucht hat, galt s. Zt.
in Strelitz als „Hofpoet“ und erhielt auch bis an sein Ende
eine kleine Pension. Nach dem Tode des Grossherzogs Georg, 6. September
1860, wurde der vierten Strophe von Herrn Oberschulrat Professor Dr.
Schmidt in Neustrelitz die jetzige Form gegeben. das Lied ist bis jetzt
nur als Hofhymne, aber nicht als Volkshymne zu bezeichnen.
Wikipedia hat einige interessante
Zusatzinformationen. Danach war Johann
Friedrich Bahrdt weder Apotheker noch
Privatsekretär, sondern Volksschullehrer. Ob sich das
ausschließt oder es sich um einen beruflichen Entwicklung
handelt, können wir zur Zeit noch nicht sagen.
Carl Ludwig von Oertzen (1801-1871).
Hofopernsänger Ludwig
Gubitz.
Das Lied ist bis jetzt nur als „Hofhymne“, aber nicht
als „Volkshymne“ zu bezeichnen.
Oberschulrat und Direktor des Gymnasiums Carolinum
Friedrich Wilhelm Schmidt
zur Zeit von Großherzog Adolf Friedrich, der
von 1904 bis 1914 regierte, lauteten die beiden letzten Zeilen:
Hoch Adolf Friedrich! jubelt laut
Sein Volk, das freudig ihm vertraut.
(vgl. Hans Witte [Hrsg.]: Mecklenburg-Strelitzer
Ge-schichtsblätter. Band 1-3. Im Auftrag des
Mecklenburg-Strelitzer Vereins für Geschichte und Heimat-kunde,
Neustrelitz 1925, S. 293.)
Quelle:
Otto Boehm: Die Volkshymnen aller Staaten des
deutschen Reiches. Beiträge zu einer Geschichte über ihre
Entstehung und Verbreitung. Wismar 1901, Nr. 7, S. 53f.
Verband Deutscher Post- u.
Telegraphen-Assistenten, Liederbuch, Berlin 1898 (Selbstverl. des
Verbandes Deutscher Post- u. Telegraphen-Assistenten, S.16