Wenn ich an der Esse steh’
Einer:
Wenn ich an der Esse steh
Und das Eisen glühen seh,
Möchte’ ich immer Waffen machen.
Denn was nützen andre Sachen!
Da wir ohne Vaterland
Untergehn in Schimpf und Schand’!
Alle:
Wer sich zum deutschen Volk bekennt,
Für Vaterland und Freiheit brennt,
Und irgend Waffen führen kann,
Der schaff sich eiligst Waffen an!
2. Bin ich gleich ein Hufschmied nur,
Eisen lieb ich von Natur.
Doch als Waffe macht’s mir Freude,
Meine liebste Augenweide
Wär’ ein Schwert in meiner Hand,
Blutig für mein Vaterland.
Alle: Wer sich etc.
3. Wenn im Dorf schon alles ruht,
Schür ich emsig noch
die Glut,
Schmiede bei verschloss’nen Türen
Waffen, die mein Volk soll führen
für das heil’ge deutsche Recht.
Wider Fürst und Fürstenknecht!
Alle: Wer sich etc.
4. Wer mich Tags so schaffen sieht,
Merkt’s wohl, daß mein Feuer
glüht,
Aber daß ich so beim Hammer
Seufz’ um meines Volks Jammer,
Das merkt Keiner wohl so leicht,
Und doch wird mein Aug’ oft feucht.
Alle: Wer sich etc.
Geschichte / Kommentar:
In obiger, vierstrophiger Fassung aus
„Deutsche Lieder, Herausgegeben vom Bildungs-Verein für
Arbeiter in Hamburg“ 1855 entnommen. Wolfgtang Steinitz bespricht
das Lied im zweiten Band seiner „Deutschen Volkslieder
demokratischen Charakter...“ (Nr. 222, S. 239) „Der Kampf
für Schleswig-Holsteins Zugehörigkeit zu Deutschland“,
heißt es da, „wurde von den deutschen Demokraten nicht als
ein chauvinistischer Kampf, sondern als ein Bestandteil des Kampfes
für Deutschlands nationale Einheit und demokratische Umgestaltung
geführt.“ Das ist die Hauptvorstellung, die sich hinter
diesem Lied verbirgt. Lieder wie „Noch ist Polen nicht verloren
und Italien erwacht; Unser Deutschland, neugeboren, wird zu Ruh und
Glück gebracht … (223)“ haben ausdrücklich die
Solidarität der deutschen Demokraten „mit den um ihre
nationale Freiheit, gegen die Unterdrückung durch Habsburger und
Hohenzollern kämpfenden Polen und Italienern“
ausgedrückt.
Preußens Waffenstillstand mit Dänemark
im August 1848 und der Abzug ihrer Truppen wurde von vielen als
nationaler Verrat an der Sache Schleswig-Holsteins aufgefasst. Es
stieß sogar in der sonst eher laschen Nationalversammlung auf
Ablehnung.
Mit dem Titel „Der Hufschmied“
erschien das Lied bereits 1832 als Flugblatt. Verfasser war der
radikale Republikaner Harro Harring. In dem Handwerker-Liederbuch
„Deutsche Volksstimme“ (4. Aufl. Liestal 1840) steht es als
Gedicht (also ohne Melodieangabe). In dem Liederbuch von 1855
„Deutsche Lieder“ heißt es „eigene
Weise“.
Quellen:
Deutsche Lieder, Herausgegeben vom Bildungs-Verein
für Arbeiter in Hamburg Im Verlag des Bildungs-Vereins, Hamburg
1855, Nr. 7, S. 8.
Wolfgang Steinitz, Deutsche Volkslieder
demokratischen Charakters aus sechs Jahrhunderten, Bd. 2, Berlin 1962,
Nr. 222, S. 239
der nach: Ditfurth. Histor. Volkslieder 1815-1866,
Nr. 79: „Marsch- und Volkslied des schleswig-holsteinigschen
Heers. 1848“, S. 221: „Handschrift jener Zeit“.
– Siehe u. S. 242.
DVA A 165 285. Aufgezeichnet von Frau M. Clausen,
geb. Erichsen aus Husum: „Gesungen von meinem Vater, der 1848 den
Krieg bei Idstedt mitgemacht“. 1941 durch Max Kuckei aus
Schleswig-Holst. Arch.