Weckruf
(1871)
1. Auf, die Wetterwolken drohen!
Bauet euch ein schützend Dach,
Eh’ die Blitze flammend lohen,
Eh’ die Donner werden wacht!
Arbeitsmänner, Leidgefährten,
die ihr einzeln kämpft und ringt:
unsern Feind, den stark bewehrten,
nur die Einigkeit bezwingt.
2. Ob ihr fern vom Sonnenlichte
tief im Schacht das Erz gewinnt,
ob mit bleichem Angesichte
ihr am Webstuhl Wolle spinnt,
ob ihr in der Sonne Gluthen
hinter’m Pfluge schreitet her,
ob ihr segelt durch die Fluthen
auf dem großen Weltenmeer;
3. Alle ihr euch Brüder nennet,
drückte dasselbe Leid euch doch,
und der Knechtschaft Zeichen brennet
jedem auf der Stirne noch;
ja, es sind dieselben Schmerzen,
die die Welt euch auferlegt,
und in eurer Aller Herzen
auch derselbe Groll sich regt.
4. Auf und zögert drum nicht länger,
reicht euch all’ die Bruderhand,
schließet gegen eure Dränger
einen Schutz- und Trutz-Verband.
In den Kampf für seine Rechte
trete jeder Proletar,
daß allein nicht länfer fechte
eine kleine kühne Schaar.
5. Wo die rothe Fahne wehet,
euer Platz allein ist hier,
wenn ihr fest zusammenstehet,
siegt ihr sicher unter ihr.
Was ihr nie zu schaffen meinet,
glaubt, vereinigt wird’s euch leicht,
was euch jetzt unmöglich scheinet,
habt ihr dann im Spiel erreicht.
6. Eine bess’re Welt gestalten
könnt ihr zu der Völker Glück,
doch ihr müsst zusammenhalten,
keiner trete feig zurück.
Ja, es bricht der Morgenschimmer
einer neuen Zeit herein;
aber dies vergesset nimmer:
Einig, einig müsst ihr sein!