Schlechter Lohn und Maurerstreik
Fall 1:
Still ruht der Bau, die Maurer streiken,
die Kelle liegt in guter Ruh,
der Kalk vertrocknet in dem Kasten,
:,: weil man ihm gießt kein Wasser zu. :,:
Fall 2:
A.
Die Väter haben Sand gekarrt,
bis daß das Tal erfüllet worden.
Da sandte Gott von seinem Thron
einen halben Pfennig Arbeitslohn.
Helpt, Mecklenburg: Wossidlo-Material,
Wossidlo-Archiv.
B.
Das ist der Tag, den Gott gemacht
Die Völker haben Holz gehackt,
Da sandte Gott von seinem Thron
15 Pfennige Tagelohn.
Löbau: Z. V. f. Vk. 15, 1905, 275 (Curt
Müller, Parodistische Volksreime aus der Oberlausitz).
Geschichte / Kommentar:
Dieser Vers eines Liedes wurde 1938 von C.
Hartenstein aufgezeichnet und an das Deutsche Volksliedarchiv (DVA)
gesandt (Nr. A 164.434) . Gesungen wurde es von Ida Zschach in
Möschlitz, Thüringen. Aus dem DVA hat es Wolfgang Steinitz
für seine „Lieder demokratischen Charakters“
übernommen (Nr. 127, S. 307). Steinitz erkennt es als Umbildung
einer Parodie. auf das Lied „Still ruht der See“ (kV S. 45,
Nr. 275), das in Curt Müllers, Parodistische Volksreime aus der
Oberlausitz, Z. V. f. Vk. 15, 1905, 280 zu finden ist:
Still ruht der See, die Maurer schlafen,
Das Kalkfaß steht in guter Ruh,
Da kommt der Meister und setzt sich nieder
Und sieht den faulen Maurern zu.
die obige Melodie ist die zu Still ruht der See.
Lieder der Bauarbeiter siehe auch unter den Handwerkerliedern Nr.
84-87.
Fall 2
Die beiden Parodien aus Mecklenburg und der
Oberlausitz stammen aus der Zeit um 1900. Hier handel es sich um
Parodien auf das Kirchenlied
1. Dies ist der Tag, den Gott gemacht,
sein wird in aller Welt gedacht;
ihn preise, was durch Jesum Christ
im Himmel und auf Erden ist.
2. Die Völker haben dein geharrt,
bis daß die Zeit erfüllet ward:
da sandte Gott von seinen Thron
das Heil der Welt, dich, seinen Sohn
Anhängend ein Auszug aus dem Liederbuch des
Rauhen Hauses (Hamburg) von Wichern aus dem Jahr 1853 (S. 275, 276, 277).
Um schlechte Arbeitsbedingungen geht es auch in
den beiden folgen Liedausschnitte:
Wer nie bei Siemens-Schuckert war
A
!. Wer nie bei Siemens-Schuckert war,
Bei AEG und Borsig.
Der kennt des Lebens Jammer nicht,
Der hat ihn erst noch vor sich.
2- Da bist du nichts, da wirst du nichts,
Wenn auch der Magen kluckert.
So ist’s bei Borsig, AEG,
Bei Siemens und bei Schuckert.
Diese beiden Stropen hat Wolfgang Steinitz am
5.9.1953 von Herbert Kleye, Berlin-Spandau erhalten (Steinitz, S. 308).
Ein weiterer Vers zu dieser Thematik wurden am
18.9.1953 im „Neuen Deutschland“ abgedruckt, die es
wiederum vom „Industriekurier“ Berlin vom 27.6.1953
übernommen hatten.
B.
Wer nie bei Siemens tätig war
Und nicht bei AEG und Borsig,
Der kennt des Lebens Jammer nicht
Der hat ihn erst noch vor sich.
Das Lied sei Steinitz zufolge in Berlin
„seit Anfang der zwanziger Jahre populär gewesen“.
Außerdem wurde es, wie Herbert Kley berichtet, um 1922 im
Feuilleton der „Roten Fahne“ abgedruckt.
Quelle:
Wolfgang Steinitz, Dt. Volkslieder demokratischen
Charakters aus sechs Jahrhunderten, Berlin (Ost) Bd. 1, S. 307f.
Wichers