Der Strike.
1. Nun Brüder, stehet wie ein Mann,
Die ernste Stunde kam,
Nun richtet vorwärts kühn den Blick,
Nur Memmen kehren feig zurück,
Verächtlich, ohne Scham.
2. Es war kein böser Frevelmuth,
Der in den Streit uns rief,
Weiß Gott, es that’s die bitt’re
Noth:
Verkümmern will man uns das Brod,
Das Brüder, kränkt uns tief!
3. Und wär’ es nur das Brod allein,
Das trüge man zur Noth,
Doch unsrer Ehre helles Schild
Soll sinken tief in Nacht gehüllt:
Wer fügt sich dem Gebot?
4. Seht Eure Brüder, grau von Haar,
Gebrechlich ward ihr Leib,
Alt wurden sie in Druck und qual,
Sie aber halten allzumal
Zu uns, trotz Kind und Weib.
5. Die ihr im frischen Jugendschmuck
Der Einheit Banner stützt,
Glück auf! die Palme muß uns
blüh’n,
Die düstern Wolken werden flieh’n
Obgleich es jetzt noch blitzt.
6. Das ganze Deutschland blickt auf uns!
Wenn wir zu Grunde geh’n,
Dann Glück und Ehre gute Nacht!
Wir haben’s selbst dahingebracht
Und uns ist recht gescheh’n.
Geschichte / Kommentar:
Das Lied entstand anlässlich des Streiks der
Berliner Buchdrucker vom 1. August 1848. Es ist in den meisten
Liederbücher der organisierten Arbeiterbewegung der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts enthalten.
Lammel/Andert weisen darauf hin, dass die
Buchdruckergehilfen im Juni 1848 die erste Gewerkschaft in Deutschland
gegründet hatten. Mit dem Streik wollten sie ihre Forderungen nach
einem Arbeitstarif gegenüber den Druckereibesitzern durchsetzen.
Erstmalig erschien das Lied 1848 auf einem Flugblatt mit dem Titel
„Freie Lieder für Deutsche Arbeiter“ zusammen mit dem
Lied „Frei nach der Arbeit ruhen unter Brüdern“, das
lt. Lammel/Andert erstmals als Arbeiterlied bezeichnet wurde.
Während Johann Most als Verfasserangabe nur ein „F“
angab, benennt Max Kegel und das Arbeiter-Liederbuch von 1894 aus New
York als Verfasser Karl Fröhlich.
Aus:
Johann Most, Neuestes Proletarier-Lieder-Buch von
verschiedenen Arbeiterdichtern. Gesammelt von Joh. Most, 3. verbesserte
Aufl., Chemnitz 1873, Druck und Verlag der
Genossenschafts-Buchdruckerei Lindenstraße Nr. 41.
Quellen:
Liederbücher der Arbeiterbewegung im 19. Jh.
Johann Most, Neuestes Proletarier-Lieder-Buch von
verschiedenen Arbeiterdichtern, 3. verbesserte Aufl., Druck und Verlag
der Genossenschafts-Buchdruckerei Lindenstraße Nr. 9, Chemnitz
1873, Nr. 41;
Most’s Proletarier-Liederbuch. In
fünfter Auflage zusammengestellt und herausgegeben von Gustav
Geilhof in Chemnitz, 1875, Nr. 30;
Sozialdemokratisches Liederbuch. 8.
veränderte Aufl., Zürich, Verlag der Volks-Buchhandlung,
1885, Nr. 48, S. 75;
Sozialdemokratisches Liederbuch. Sammlung
revolutionärer Gesänge, 12. Auflage, German Printing and
Publishing Co., London 1889, Nr. 53, S. 75;
Max Kegel’s Sozialdemokratisches Liederbuch,
(3. Aufl.) Stuttgart 1891, Nr. 29;
Arbeiter-Liederbuch. 21. Auflage. New-York 1894,
Nr. 23;
Max Kegel’s Sozialdemokr. Ldb, (8. Aufl.),
Stuttgart, 1897, Nr. 32;
Hermann Schlüter, Sozialistisches
Arbeiter-Ldb, Chicago, o. J. (ca. 1906), Nr. 66;