Abendlied
1. Kein Schöner Land in dieser Zeit,
als hier das unsre weit und breit,
wo wir uns finden wohl unter linden
zur Abendzeit!
2. Da haben wir so manche Stund’
gesessen da in froher Rund’
und thaten singen: die Lieder klingen
im Eichengrund.
3. Daß wir uns hier in diesem Thal
noch treffen so viel hundertmal:
Gott mag es schenken, Gott mag es lenken,
der hat die Gnad’!
4. Jetzt Brüder, eine gute Nacht!
Der Herr im hohen Himmel wacht,
in seiner Güten, uns zu behüten,
hat er bedacht.
Parodien
Finden in Menschlichkeit
Kein schöner Land in dieser Zeit,
als wo die Menschen sind bereit,
:,: sich zu verbinden und sich zu finden
in Menschlichkeit. :,:
2. Die Welt in Elend und in Not,
sie schaut ein neues Morgenrot.
:,: Sie wird befreien und wird erneuen,
was tief in Not. :,:
Quelle:
Diese Parodie von Lobo Franck (d. i. Ernst
Heinrich Bethge, 1878-1944) stammt aus dem Jahr 1927
August Albrecht, Jugend-Liederbuch, Hrsg. Verband
der Arbeiterjugend-Verein Deutschlands, Berlin, 1929, Nr. 39, S. 28.
Aus „Das rote Herz“, ein Spiel vom
siegenden Licht von Lobo Frank, 1927
Text Eigentum des A.-J.-Verlags
Geschichte / Kommentar:
Das bekannte Volkslied geht auf Anton Wilhelm von
Zuccalmaglio zurück, der es 1840 erstmals in der Liedersammlung
„Deutsche Volkslieder mit ihren Original-Weisen“ unter
Mitwirkung von E. Baumstark, als Fortsetzung von A. Kretzschmer’s
Werk Teil 2 veröffentlichte. Zuccalmaglio behauptet zwar, dass er
die 382 Volkslieder „selbst gesammelt“ habe, doch wurden
einige der Lieder von ihm im Stil der damaligen Volksliedmode selbst
verfasst, darunter auch „kein schöner Land“ (Nr. 274,
S. 494f.) Als Herkunft hat Zuccalmaglio die Region
„Niederrhein“ angegeben, vermutlich, weil er sich zu dieser
Landschaft zugehörig fühlte.
1895 nimmt das Lied Franz Magnus Böhme in
seine Sammlung der „volksthümliche[n] Lieder der
Deutschen“ auf und gibt als Quelle „Preußisches
Soldaten-Liederbuch“ 1884 Nr. 108 an. [Hier]
„Im Dienste des echten Volksliedes steht es,
getreu der völkischen Aufgabe des Wandervorgels, und es
enthält über 200 Volkslieder aus Österreich, wirkliche
Volkslieder: Sie sind im Volke entstanden und werden im Volke gesungen.
Durch dieses Bekenntnis wird die Stellung dieses Buches innerhalb der
Volksliedliteratur unzweideutig festgelegt. Es steht auf dem Boden
jener Auffassung des Begriffes Volkslied, die der nimmermüde
Vorkämpfer der österreichischen Volksliedbewegung,
Regierungsrat Dr. Josef Pommer, geprägt hat, nach welcher die ins
Volk gedrungenen Kunstlieder – eben Kunstlieder sind und niemals
zu Volksliedern werden“ (Unsere Lieder. Singbuch für
Österreichs Wandervogel. Herausgegeben von Rudolf Preiss, Leipzig)
Das Deutsche Volksliedarchiv (DVA) hat eine
Ausgabe, die anscheinend mit gleichm Inhalt, tituliert ist
„Singbuch der Ostmark“.
Siehe auch: Jugendbewegung bzw.
Wandervorgel-Bewegung.
Eine gewisse Popularität scheint es erlangt
zu haben (es standt allerdings nicht im meistverkauften Liederbuch
jener Szene und Tage, dem „Zupfgeigenhansl“).
Melodie
Die Melodie setzt sich aus mehreren anderer Lieder
zusammen, was in jener Zeit nicht so selten war. Einzelne Passagen
stammen unter anderen aus den Liedern (darunter: Ich kann und mag nicht fröhlich sein und Ade, mein Schatz, ich muss
nun fort.) (Siehe dazu auch: Walter Wiora
(Die rheinisch-bergischen Melodien bei Zuccalmaglio und Brahms, 1953)
Adaptionen:
1924 erschien eine Fassung für evangelische
Mädchen- und Frauenkreise, in der Eva Öhlke, Mitglied
der Neuwerk-Bewegung, in den Sonnenliedern den vier bekannten Strophen
eine weitere hinzu.[
1927 schrieb Lobo Frank eine Parodie mit dem Titel
„Finden in Menschlichkeit“
(August Albrecht, Jugend-Liederbuch, Berlin 1929,
Nr. 39, S. 28).
Im Zuge des Westdeutschen Folkrevivals griffen u.
a. auch die Folkrock-Gruppe Ougenweide das Lied wieder auf.
Heute ist das Lied in den meißten
Liederbüchern enthalten.
Quellen:
Franz Magnus Böhme, Volksthümliche
Lieder der Deutschen im 18. und 19. Jahrhundert, Leipzig 1895 Nr. 243,
S. 190.
Rudolf Preis, Unsere Lieder. Singbuch für
Österreichs Wandervögel, Leipzig 1912, S. 43
Walter Wiora: Die
rheinisch-bergischen Melodien bei Zuccalmaglio und Brahms. Voggenreiter, Bad Godesberg 1953.
August Albrecht, Jugend-Liederbuch, Berlin, 1929,
Nr. 3