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Arbeiterliedarchiv
Lancken
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im e.V.
Musik von unten
Kundenhymne

1. Ich bin ein Kunde (1), kennt ihr diesen Namen?
Im Orient dalf (2) ich schon läng’re Zeit,
geachtet sehe von allen, die da kamen,
jedoch gehasset von der Obrigkeit;
der Orient soll leben, der Kubub3 auch daneben!
Ich dalfe an Jud, Christ, Türk, Groß und Klein
und bin ein Kunde, will ein Kunde sein.

2. Mit Fleppen (4) aller Arten gut versehen
steig fröhlich auf die Fahrt (5) am Morgen ich,
man muß zu fackeln und zu kohl’n (6) verstehen,
daß sich der Balken biegt, dann lohnt es sich.
Der Orient soll leben, der Kubub auch daneben!
Ich dalfe an Jud, Christ, Türk, Groß und Klein
und bin ein Kunde, will ein Kunde sein.

3. Und kommt es vor, es kann ja mal passieren,
daß unrein sollte werden mal die Luft;
dann heißt es: Kunde schleunigst reterieren,
der „Galach (7) steckt nicht, doch der Kohl war duft“.
Der Orient soll leben, der Kubub auch daneben!
Ich dalfe an Jud, Christ, Türk, Groß und Klein
und bin ein Kunde, will ein Kunde sein.

4. Und sterb ich einst, dann all ihr deutschen Kunden
geht hin zum Kubub, sagt „er ist nun tot“.
Und habt Ihr für mich einen Platz gefunden,
erfüllet noch das folgende Gebot:
Begrabt mit mir „ne Flasche voll Sorf,(8) steckt in die Tasche
mir Dowrich (9), schreibt mir dann aufs Monument:
Hier ohne Schlummerdraht (10) ein Kunde pennt (11).


1  Kunde = Wanderer.
2  dalfen = betteln.
3  Kubub = Konsul.
4  Fleppen = Legitimationspapiere.
5  auf die Fahrt steigen = betteln gehen.
6  fackeln und kohlen = schwindeln.
7  Galach = Pastor.
8  Sorf = Schnaps.
9  Dowrich = Tabak.
10  Schlummerdraht = Schlafgeld.
11  pennt = schläft

Andere Titel: 
Text: unbekannt,
Melodie: Preußenlied, Ich bin ein Preuße;

Noten:
Vorlage:
Kategorie: Vagabund Kunde Monarch, Vom Kaiserreich zum 1. WK, Orientkunde,
Zeit: 1860-1933,
Varianten: 
 
Geschichte / Kommentar: 

Das Lied, das Hans Ostwald von früheren Orientkunden mitgeteilt bekommen hatte wird auf die seinerzeit bekannte Melodie „Ich bin ein Preuße“ (Text: B. Thiersch 1830, Melodie: August Neithardt 1832) gesungen. Trotzdem soll es wegen des beispielhaften Gebrauchs der Kundensprache mit in das Liederbuch aufgenommen werden.

Eine deutlich längere Version ist von Fritz Ulrich in seinem „Wanderfreund“ überliefert (Nr. 65, S. 61-63)
Mel. Preußenlied

Ich bin ein Kunde, kennt ihr meine Farben?
Aus jedem Ärmel guckt das Hemd heraus!
Muß auf der Reise ich auch oftmals darben,
Jedoch ging mir der frohe Mut nicht aus;

Nicht will ich bang verzagen,
Will’s stets mit Vorsicht wagen,
:,: In allen Winden will ich talfen geh’n,
Und soll der Schlucker gleich dahinter steh’n. :,:

Von Kopf bis Fuß bin ich gehüllt in Lumpen,
Das sieht ein jeder auf den ersten blick,
Wenn Durst ich hab’, muß ich an Brunnen pumpen.
Un seufze laut: „O trauriges Geschick!“
Wärest du zu Haus geblieben,
Brauchtest Kohldampf nicht zu schieben,
:,: Konnt’st essen dann die beste Schinkenwurst,
Bei Bier und Branntwein löschen deinen Durst. :,:

Doch ach, das Reisen lachte mir entgegen!
O welche Lust, ein Handwerksbursch zu sein!
So dacht’ auch ich, als noch zu Haus tat pflegen
Mich hinterm Tisch bei Bier und fränk’schen Wein.

Das Felleisen war geschnürte
Und fix drauf los marschieret
:,: Durch Städt’ und Dörfer in die weite Welt
Hatt’ in der Tasch’ oft keinen Kreuzer Geld.

Doch ach, das Unblück kommt oftmals geschritten,
Es trifft ein’m jeden mal das harte Los,
Wird von solch linkem Schucker aufgegriffen
Und der fragt nach der Flepperei ja bloß.
Hast du sie abgegeben,
Da hilft kein Widerstreben.
:,: Ins dunkle Loch wirst du hineingeführt,
Bei schweren Bienen oftmals einquartiert. :,:

Doch auch all’s Leiden nimmt einmal ein Ende,
So dacht’ auch ich, als ich in Banden lag.
For Freuden sprang ich hoch an alle Wände,
Als mir der Tag der Freiheit wieder naht’.

Voll Freuden eilt’ ich weiter,
Das Glück war mein Begleiter.
:,: Und kehr’ ich ein ins Dorf bei dunkler Nacht,
Wird nicht ans Unglück mehr zurückgedacht. :,:


Ich bin ein Kunde (2) >
 
 
 
 
 
 
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