Hunger in allen Gassen.
Hunger in allen Gassen, Elend in jedem Haus.
Schieber, die schlemmen und prassen.
Arbeiterwehren heraus!
Rote Faust als Zeichen am Purpurroten Band.
Rote Frontsoldaten werden wir genannt.*
Lange genug habt geduldet ihr weiße Garden
im Land.
Alles habt selbst ihr verschuldet, nehment die
Waffen zur Hand.
Rote Frontsoldaten werden wir genannt.
Nieder der Freiheitschänder Hitler im
Bayernland,
Arbeiter aller Länder, reicht euch die
Bruderhand.
Rote Frontsoldaten werden wir genannt.
Arbeiterbataillone kämpfen für
Arbeitermacht.
Sieg ist des Kampfes Krone,
auf zur entscheidenden Schlacht.
Rote Frontsoldaten werden wir genannt.
Geschichte / Kommentar:
Das Soldatenkampflied bzw. Frontkämpferlied
taucht unseren Quellen zufolge 1924 ohne Titel erstmalig in dem
Liederbuch „Mit Gesang wird gekämpft“ auf (in der
Auflage von 1922 ist es noch nicht enthalten). .
Die Titulierung als „Lied der proletarischen
Hundertschaften“ fand offensichtlich viel später statt,
vermutlich um den wahren Grund zu verschleiern. Was auch
nachvollziehbar ist, denn die Proletarischen Hundertschaften waren
bereits nach dem Hamburg-Aufstand von 1923 zerschlagen bzw. verboten
worden und die KPD machte nach außen hin keine Anstalten daran
etwas zu ändern. Intern war aber bereits die Gründung des
Roten Frontkämpferbundes beschlossen, was dann auch im
Frühjahr 1924 geschah. Das Lied ist demzufolge kein „Lied
der proletarischen Hundertschaften“, sondern ein Lied zur
Gründung des RFB. (Der Versuch militärische Formationen
für eine revolutionäre Erhebung zu schaffen wurde bereits
seit spätestens 1918 unternommen).
Liest man einige Erklärungen (z.B.
Lammel/Andert) so wird auch hier und heute noch nicht selten der Mythos
der spontanen Gründung und als Motiv die Gewalt von rechts
genannt, was aber nicht zutreffend ist. Ein erneuter Versuch einer
revolutionären Erhebung war lediglich auf einen geeigneten
Zeitpunkt vertagt worden. In der Zwischenzeit sollte der RFB als
Reserve- und Agitationsarmee aufgebaut, gepflegt und vorbereitet werden
(Vgl. dazu Werner Hinze, Schalmeienklänge im Fackelschein und
ders. „Bluttage“).
Inge Lammel berichtet über Veränderungen
einiger Zeilen des Liedes.
„So heißt es in einer Fassung:
‚Rote Faust als Zeichen am pupurroten Band…’ und an
die Stelle von ‚Rote Frontsoldaten’ treten oft Namen wie
„Sturmbrigade Lenin“, „Liebknecht“ oder
‚Thälmann’. Auch durch Einsetzen von
Ortsbezeichnungen, z. b. ‚RFB Nordhausen’ oder ‚Rote
Jungfront Giesing’ (Münchener Arbeiterviertel) wurde das
Lied verändert.“ (Lammel, RFB, S. 15f.)
Quellen:
Die politischen Lieder von KPD, KJVD und RFB
Mit Gesang wird gekämpft’!, 1924, 21.
bis 30. Tausend, Verlag „Junge Garde“ Berlin O 17, S. 15;
Front Kämpfer Liederbuch, 21.-40. Tausend,
Berlin 1928/29, Nr. 20 S. 12; (Titel= 1. Zeile)
Mit Lenin. 50 Kampflieder, 21.-40. Tausend (ca.
1928/29), Nr. 19, S. 12
Mit Gesang wird gekämpft’!, 1928, S.
34;
Arbeiter-Lieder (ca. 1929), Eine Sammlung
proletarischer Kampflieder, Wander-, Volks- und heiterer Lieder.
– Wien: Grünberg, 94 S. [Lammel, Biblio. Nr. 4040, S. 67
[wie Nr. 359 ] S. 25;
Arbeiter-Lieder (ca. 1930), KJVD, Verlag Junge
Garde: Hermann Remmele, Berlin, S. 25;
Arbeiterlieder. Unter roten Fahnen. Kampflieder,
ca. 1930 (Lammel Nr. 428), S. 19;
Berger/Lammel, Lieder des RFB (Das Lied im Kampf
geboren, Heft 8), Leipzig 1961, S. 15;
Lammel/Andert, Und weil der Mensch ein mensch ist,
Dortmund 1986, Nr. 97, S. 130f.: