S. 37
Etliche weise Sprüche und Regeln
für
nachdenkliche Kunstfälscher.
„Was du nicht willst, daß man dir
thu“,
Das füge fröhlich Andern zu.“
*
Eintracht trägt ein.
Gieße zur Wasser zum Wein,
Sie werden verträglich sein:
Ein’ Tracht trägt ein.
*
Nicht Alles zu enalysiren ist!
Gebraucht’s und wisst:
Mist geht über List
*
Bekümm’re dich nicht d’rum
Fällt einmal Einer um,
S. 38
Der von dem Fusel dein
zu viel genommen ein:
Wer nichts vertragen kann
Soll aus der Welt ’naus gahn.
*
Hab’ um des Trinkers Nase keine Noth,
Der Kunstwein färbt sie auch schön roth.
S. 39:
Üb’ immer Treu und Redlichkeit
Bis an dein kühles Grab,
Dann liefert man zu rechter Zeit
In’s Armenhaus dich ab.
S. 40
Wenn dir die Tugendbonzen grollen,
Und gar dir an den Kragen wollen,
‚Nur Muth! ‚Lass’ dich der
Spruch erheben:
Wer lange fälscht, thut lange leben.
*
Der beste Reim auf Publikum
Bleibt erstens, zweitens, drittens: dumm.
Man kann es scheeren, wie man will
Kaum wundert sich's, stets hält es still. -
Halt still nur, wenn die Polizei
Dich holt und denk' zum Trost dabei:
Es ist so besser, wie mich's traf;
Mich frisst ein Wolf und doch kein Schaf.
*
Wer den großen Haufen hält für
klug,
Daß er nicht glaubte den größten
Lug,
Wenn der nur frech hinausgelogen;
Wer glaubt, daß Alle bestraft, die betrogen;
We rmeint, es gehe gut vor billig,
Nur Echtes fände Zahler, willig,
Ein jeder Käufer wär' gut berathen,
Und gesunde Vernunft gehe passaten,
Mit Furcht vor Aufklärung sich härmt und
quält,
Der hat den Beruf zum Fälscher verfehlt.
S. 41
Für die lieben Fälscher-Kleinen.
Ringel-, Ringelblumenkranz
Setz' ein Bischen Saflor zu
Oder Rindfleischfasern.
Morgen woll'n wir Safran machen,
Kriegt das Kindchen was zu lachen,
Denn nicht früh genug
Wird das Kindchen klug.
*
Bake, backe Kuchen,
Die Bäcker werden fluchten,
Hör'n sie, daß von gleichen Sachen
Wir uns können Kuchen machen:
Ranziges Schmalz
Staßfurter Salz,
Gypsiges Mehl -
Unilingeln macht die Kuchen geel!
*
S. 42
Der kleine Max-Zumpt.
Versregeln für Fälscherknaben.
Verfälsch- und Verunreinigungen
Sind nicht dasselbe, liebe Jungen:
Weil letzre möglich ohne Witz,
Der meistens zu den ersten nütz.
Was man noch nicht verfälschen kann.
Sieht man als Luft und Wasser an.
*
Bei Wein- und Bier pro primo hat
Der Traubenzucker allzeit statt,
Und streckt man es und streckt man ihn
vollmündig macht das Glycerin.
*
In Butter, Schmierseif', Cholokalde
Kartoffelstärkemehl man thut,
Doch wo auch dieses noch zu schade
Ist die Kartoffel selber gut.
*
S. 43
Vier Dinge bringen großen Lohn:
Gayps. Schwerspath, Kreide und der Thon;
Nie lasse man sie gehen aus,
Wär' sonst auch weiter nichts zu Hausd.
Sie sind für viele Sachen gut:
So für des Säuglings Arrow-root,
Für Mehl zu Weiß- und
Schwarzgebäck,
Für Mostrich wie für Schnepfendreck,
Für Bleiweiß, Butter, Chokolade,
Für Zuckerpulver (Moscowade),
Für Operment, Arsenicum,
Für Seife, Talg und Opium,
Für Indigo und für Carmin,
Berlinerblau und auch Chinin -
Eins oder 's and're ist bequem.
Und kurz und gut und außerdem
Bei jedem Pulver, welches weiß
Das Viergespann erhält den Preis.
*
Für Wurst und Chokolade
Ist nichts zu schlecht, zu schade,
Und Abfall, Staub und Dreck
Erfüllen all’ den Zweck.
Für Chokolad’ nimmt man
dermal’gen
Geröstet Mehl von Cerealien
Und Hülsenfrüchten; Ocker, Thon;
Auch Weinbeerkerne nahm man schon;
Cacaoschalen und von Manchen
Genommen wurden echte Kastanien,
Bucheckern, Eicheln. Mancher Schalk
Nahm auch blos Ziegelmehrl und Talg.
S. 44
Cacaoschalen und von Manchen
Genommen wurden echte Kastanien,
Bucheckern, Eicheln. Mancher Schak
Nahm auch blos Ziegelmehl und Talg.
*
Der Landwirth spart an Milch und Futter
Vermehrt er künstlich seine Butter,
Und dazu taugt, ja nach Verstand,
Wohl Manches; manchmal allerhand,
Das Wasser steht in erster Reih’,
Der Ochsentalg steht dicht dabei,
Der Borax einigt Alles sehr,
Gyps, Thon, Kreid, Schwerspath machen schwer.
Mehl nicht so leicht der städt’schen
Stoffel,
Doch wöhnt derselbe einmal arg,
So nehm’ der Bauer Käsequark.
S. 45
Vorurtheil.
Ist denn Fälschen ein Verbrechen?
Wie kann man so thöricht sein
Und von echter Waare sprechen!
Bringt denn diese etwas ein?
S. 46
Glossen
Seite VII. Pro domo.
Es könnte uns der Vorwurf gemacht werden,
unser Vorschlag, die freie Fälschung durch Gründung einer
Akademie zu fördern, schwebe in der Lust, da unter den
gegenwärtigen traurigen Verhältnissen sich schwerlich eine
Regierung bereit finden werde, uns hierin Vorschub zu leisten, oder
doch ein Auge zuzudrücken. Für Deutschland mag dies gelten,
ohne daß wir darum die Hoffnung auf eine bessere Zukunft aus den
Augen lassen dürfen. Im Schwarzburg-Dudastädtioschen, in
Königsfee, Oberweisbach und Blankenburg leben Hunderte
geprüfter und concessionirter Laboranten und erfreuen sich ihres
Daseins und Wirkens in Fabrikation und Handel mit
Olitäten(Geheimmitteln gegen jedliche Art Krankheiten), die nicht
alle unschuldiger Natur sind, denn der Verbrauch an Opium seitens
dieser Laboranten, soll allein mindestens so groß sein, als der
sämmtlicher Apotheken Deutschlands zusammen. Die Schwarzburger
Regierung verbietet allerdings in gedruckten Bekanntmachungen das
hermetische Kunstgewerbe der Laboranten; glücklicherweise
muß aber
S. 47
der Druckerschwärze des Fürstenthums
nicht solche Kraft innewohnen als anderswo – in Summa, die
Laoranten floriren nicht nur bis zur Stunde, sondern haben sich in
allerneuester Zeit nach um eine gewaltige Fabrik eines bqyrischen
Hoflieferanten, welche die Stadt Rudolstadt um beinahe ein ganzes
Stadtviertel vergrößern wird, vermehrt. Da wir der Meinung
sind, die Olitätenkrämer seien nicht Besseres als wir 1*) , so dürfen
wir wohl hoffen, es werde sich bei minder sturmbewegter Zeit auch
für uns ein Flckichen Erde in Deutschland finden, wo die von uns
geplante Alma mater den Flügelschlage dreier Fälscherseelen
werde kaum geben können.
Anmerkungen:
1*) - Oder ist es verdientsvoller, Säuglinge
durch opiumhaltiber Beruhigungssäftchen diesem Jammerthale zu
entrücken, als wir durch getaufte Milche? -