Arbeiterliedarchiv
Lancken
Die junge Nonne
1. Es welken alle Blätter,
sie fall’n herab auf mich.
Ha weil’s mich mein Schatz verlassen hat,
:,: das kränket mich so sehr. :,:
2. Ins Kloster wollt’ sie gehen
wollt’ werden eine Non’.
So muß ich die Welt bereisen,
bis daß ich zu ihr komm’.
3. Vor’m Kloster angekommen,
ganz leise Klopft’ ich an.
Gebt heraus die schönste Nonne,
die zuletzt ins Kloster kam.
4. S’ ist keine angekommen,
es kommt auch keine ’raus
so muß ich das Kloster stürmen,
das schöne Nonnenhaus.
5. Da kommt sie angeschlichen
schneeweiß war sie gekleid’t, sie
gekleid’t.
Ihr Haar war kurz geschnitten,
zur Nonn’ war sie geweiht.
6. Was trug sie in der Schürze?
Ein Flasch’ Champagnerwein, Champagnerwein.
So nimm hin, mein Herzallerliebster,
das soll dein Abschied sein.
7. Was trug sie an dem Finger?
Ein goldenes Ringelein, Ringelein.
So nimm hin, mein Herzallerliebster,
das soll dein Denkmal sein.
8. Er hob sie auf sein Rösslein
und ritt mir ihr davon, ritt davon,
kaum war’n sie zwei Stund’ geritten,
da war der Reiter tot.
9. Sie lehnt sich an die Mauer
und weinte bitterlich, ja bitterlich,
Ja, weil’s mich mein Schatz verlassen,
das kränket, kränket mich.
Es welken alle Blätter
1. Es welken alle Blätter
Sie fallen all’ herab.
: Ja, weil mich mein Schatz verlassen hat :,:
Ja dass kränket, kränket mich.
2. Ins Kloster wollt’ sie gehen,
Wollt’ werden eine Nonn’,
:,: So muß ich die Welt durchreisen, :,:
bis daß ich zu ihr komm’.
3. Vor’m Klostern angekommen,
Ganz leise klopft’ ich an:
:,: Gebt heraus die jüngste Nonne, :,:
Die zuletzt ins Kloster kam.
4. Ist keine ’reingekommen
Es kommt auch keine ’raus.
:,: so muß ich das Kloster stürmen, :,:
Das schöne Nonnenhaus.
5. Sie kam herausgegangen
Mit einem schneeweißen Kleid.
:,: Ihre Haar’ war’n abgeschnitten :,:
Zur Nonn’ war sie geweiht.
6. Was trug sie unter der Schürze?
Eine Flasch’ Champagnerwein.
:,: Nimm sie hin, mein Herzallerliebster :,:
Das soll mein Abschied sein.
7. Er lehnt’ sich an die Mauer
Und weinte bitterlich.
: Ja weil mich mein Schatz verlassen hat :,:
Ja, das kränket, kränket mich.
(DVA 90 vom 13.7.1916)
8. Er hob sie auf sein Rösselein
Und ritt mit ihr davon.
:,: Kaum war’n sie 2 Stund’ geritten,
Da war die Reiterin tot. :,:
9. Er grub mit seinen Händen
Der Reiterin ein Grab
:,: Und sang mit seiner Stimme
:,: Der Reitern hinab.
(DVA 162 vom 7.4.1916)
Zeit: 1895, 1906-1912,
1914-18,
Geschichte / Kommentar:
Diese Version der alten Ballade vom Grafen und der
Nonne: „Ich stand auf hohem Berge“ war um die Wende vom 19.
zum 20. Jahrhundert in Hessen und Baden im 4/4-Takt bekannt. Böhme
der sie noch 1894 mündlich aus dem Kreis Wetzlar gehört
hatte, nahm sie mit sechs Strophen in seine Sammlung
„Volkstümliche Lieder“ auf. Am Ende des Ersten
Jahrzehnts des 20. Jahrhundert kam das Lied über Breuers
„Zupfgeigenhansl“ in einige Sammlung des Wandervogels. Die
nahmen es mit in den Ersten Weltkrieg, wo es von den Soldaten viel
gesungen wurde.
Als Lied der Soldaten des Ersten Weltkriegs liegt
das Lied in 10 Versionen vor, davon neun aus der Zeit des Ersten
Weltkriegs. Eine zeitliche Ausnahme ist das Liederbuch von Hermann
Böse aus dem Jahr 1928.
Versionen:
A. Robert Lienau, Schwert und Leier, Berlin 1914,
S. 34. – 9 Str.
B. Klabund (1916) – 7 Str.
C. Kutscher (1916), S. 47 (Noten) – 7 Str.
D. Lewalter (1918), S. 311 (Noten) – 7. Str.
E. Künzig (1927, Nr. 48 (Noten) –
7 Str.
F1. DVA 90 vom 13.7.1916 (hier nach Olt) – 7
Str.
F2. DVA 162 vom 7.4.1916 (hier nach Olt) – 9
Str.
F3. DVA 132 – 8 Str.
F4. DVA 490 – 6 Str.
G. Böse, Hermann (1928) S. 28 (Noten) –
6 Str.
Das Lied ist teilweise in der ersten Person
teilweise in der dritten Person geschrieben. Wenn ihm eine
Überschrift gegeben wurde, so ist das „Soldaten
Wehmut“ oder „Die Nonne“ bzw. „Die junge
Nonne“ Es hat zwischen sieben und neun Strophen und darin rund
neun verschiedene Themen, die aber unterschiedlich abliefen. Die ersten
vier Themen sind:
1. Die Blätter welken, sie hat ihn verlassen
2. Sie ist ins Kloster gegangen. Er „muss
die Welt durchreisen“.
3. Die handelnde Person klopft an die
Klostertür an.
4. Die Antwort lautet: es ist keine
an-(rein)-gekommen.
Als fünftes kommt das Mädchen
angeschlichen (A, B), dahergeschritten (D, E), herausgegangen (F) oder
stand gar schon „unter der Türe“ (C), sie war
überwiegend „schneeweiß gekleidet“ (A, B, C, D,
E, F), ihr Haar abgeschnitten und war bereits „zur Nonn
geweiht“ (A, C, E, F) oder erst „zur Nonn bereit“ (B,
D). Sie
Das Interessanteste spielt sich in der sechsten
oder siebten (D) Strophe ab, oder fehlt völlig (E).
Sie trug etwas „in der Schürze (A) oder
„unter der Schürze“ (A, B. C, D u. F). Letztere
Version läßt vermuten, dass sie schwanger ist. Doch zur
Überraschung hat sie nur ein Abschiedgetränk mitgebracht. Das
ist entweder „Champagnerwein“ (A, F), Becher kühler
Wein (B, D) oder gar „zwei Flaschen roten Wein“ (C) und
viermal soll das der Abschied sein (A, B, C, D), während in den
anderen Versionen der Ring, den sie an dem Finger trug der Abschied
sein sollte ein einem Fall (B) soll es gar ihr Denkmal sein.
Die beiden Versionen mit neun Strophe (A, F1)
bringen noch zusätzlich die alte Balladen-Dramatik mit ein und er
stirbt (siehe oben).
Eine Besonderheit dokumentiert eine Version vom
April 1916 mit der 8. und 9. Strophe. Da war „die Reiterin“
tot und der Mann grub ihr singend ein Grab:
8. Er hob sie auf sein Rösselein / Und ritt
mit ihr davon.
:,: Kaum war’n sie 2 Stund’ geritten,
/ Da war die Reiterin tot. :,:
9. Er grub mit seinen Händen / Der Reiterin
ein Grab
:,: Und sang mit seiner Stimme :,: Der Reitern
hinab.
(DVA 162 vom 7.4.1916, nach Olt)
Quellen (chronologisch):
Franz Magnus Böhme, Volksthümliche
Lieder der Deutschen im 18. und 19. Jahrhundert, Leipzig 1895 Nr. 152,
S. 128. (6 Str.).
Walther Werckmeister (Oberlehrer Dr.), Fahrender
Gesellen Liederborn, Halle a.S. 1910 (Die Fahrenden Gesellen, Hamburg,
Holstenwall 3/5), Kap. IX, S. 354.
Hans Breuer, Der Zupfgeigenhansl, Leipzig 1911 (6.
Aufl.) 164 S. (viele handschr. Liedetexte)
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