Das Kittchen
1. Drunten steht das dunkle Kittchen,
schauet still den Berg hinan,
droben walzt mit linkenTrittchen
froh ein Kunde seine Bahn.
2. Und er fördert seine Schritte
und beflügelt seinen Lauf,
sicher käme er ins Kittchen
blickte jetzt ein Putz herauf.
3. Jetzt ist die Gefahr vorüber
und vorüber Angst und Qual.
Dufter Kunde, dufter Kunde
dich auch fischt der Putz noch mal.
WB:
Kittchen = Gefängnis
dufter Kunde = auf der Straße kundiger
Handwerksbursch (Vagabund)
linke Trittchen = schlechte Schuhe
Putz = Polizist; 2) Ausflucht, Ausrede
Geschichte / Kommentar:
Den Text des Kundenliedes hat Hans Ostwald
Überliefert. Diesen eindrucksvollen Beleg aus der Kundenpoesie
erhielt Hans Ostwald in Lüttich von „einem deutschen Kunden,
der seit 10 Jahren in Belgien tippelt“.
Über die Melodie sagt Ostwald nichts. Als
mögliche Alternativen haben sich zwei Lieder angeboten.
1. „Leise
tönt die Abendglocke“ („Leise tönen Abendglocken“)
Der Übernahme dieser melancholischen Melodie
steht ein Augenblick aus dem Leben eines imaginären Kunden in
einer Leichtigkeit gegenüber, die die geschilderte „Angst
und Qual“ irgendwie unwirklich erscheinen lässt.
Peter Roland hatte in dem Lied eine Umsingung von
Uhlands Gedicht „Droben stehet die
Kapelle“ gesehen. Diese Annahme
stützt sich aber lediglich auf den Versrhythmus und die
Oben-unten-Perspektive.
Quellen:
Wolfgang Steinitz (Bd. 2, Nr. 268, S. 395ef. nach
DVA A 107 260):
Walther Werckmeister, Deutsches Lautenlied, Berlin
1928, S. 674 Nr. 648. Erkl.: Ludwig Uhland, 1787-1862 / Volksweise