Spitzellied
Das Spioniren auf der Welt
Als bestes Handwerk mir gefällt;
:,: Ich schnüffle hin, ich schnüffle
her,
Und schleich’ herum die Kreuz und Quer. :,:
Und wenn ich etwas wo entdeck’,
Da bin ich tapfer auf dem Fleck,
:,: Da schneide ich ein dumm’ Gesicht,
Und komme näher an das Licht. :,:
Mit meinen Ohren, lang und weit,
Steh’ ich zum Horchen stets bereit,
:,: Und mir entgeht kein einzig Wort,
Ich merke Alles mir sofort. :,:
Wenn meinem Freund die Hand ich drück’,
In seine Tasch’ ich heimlich blick’,
:,: Ob Kontrebande darin ruht,
Wie sie für Denunzianten gut. :,:
Das Denunziren nach Gebühr
Ist mir Beruf und auch Plaisier,
:,: Ich lauf’ nach einem guten Fund
Mir wochenlang die Füße wund. :,:
Dafür empfang’ ich guten Lohn
Im eig’nen Pflichtbewusstsein schon,
:,: Und uns’re Zeit, sie ist mir hold,
Bald wiegt sich mich wohl auf mit Gold. :,:
So steh’ in hoher Achtung ich,
Und der Philister liebet mich,
:,: Auch fühl’ ich weder Scham noch
Schand’,
Ich bin ein braver Denunziant. :,:
Geschichte / Kommentar:
Das Lied ist ein Lied der 1890er Jahre, also nach
dem Sozialistengesetz veröffentlicht. Von wem und ob vorher
geschrieben ist unklar.
Es findet nach dem Ersten Weltkrieg keine
Liebhaber mehr. Doch auch in den Nachbetrachtungen erlangte es wenig
Beachtung, Bei Inge Lammel verwundert das nicht, hätten doch
manche DDR-Bürger auf sonderbare Gedanken kommen können (das
Gleiche gilt natürlich für all jene, die gläubig von
Lammel angeschrieben haben. Lediglich im Westdeutschen Folkrevival war
es der Gruppe Liederjan vorbehalten, das Lied heraus zu kramen und aus
die aktuellen Verhältnisse zu übertragen – allerdings
waren es in erster Linien die Verhältnisse im Westen.
Quellen:
Max Kegel’s Sozialdemokr. Ldb., 1891, Nr.
17,
Arbeiter-Liederbuch. Eine Sammlung
sozialdemokratischer Lieder und Deklamationen. Einundzwanzigste, 21.
bedeutend vermehrte Auflage. New-York 1894, Verlag von Brausewetter
& Benedix, Alt-Bitamo, Druck von William Lehmann, 7. Avenue 596.,
Nr. 21, S. 25.
Max Kegel’s Sozialdemokr. Ldb, (8. Aufl.),
Stuttgart, 1897, Nr. 20, S. 29.
Schlüter, Arb-Ldb, Chicago 1906, Nr. 25, S.
43f.
Liederjan, Es kann ja nicht immer so bleiben,
pläne 88251, 1981