Gesang der Soldaten
(Herbst 1848.)
1. Das ist der Kön’ge letztes Beten!
Europa glüht im Kriegesschein!
Soldaten, laßt zum Volks uns treten,
und länger nicht Gensdarmen sein!
O seht, die Länder alle rufen
zu Frankreichs Namen hoffend auf –
laßt Hügel sein der Alpen Stufen
für Roß, Geschütz und
Streiterhauf!
Zum Kampf, wo Siegesgötter thronen!
Wir richten jeden Henkersmann
der Freie that in Haft und Bann,
und dessen Stirne Frevel sann!
Denn Brüder sind uns die Nationen,
und Feind ein jeglicher Tyrann!
2. Süß ist dem Krieger wohl die Palme,
Wenn sie ein edler Strauß ihm Flicht –
Doch nimmer die Zypressenhalme,
wo Bruder gegen Bruder ficht!
Wie! Brüder zu der Richtstatt schleifen,
dem Opfer gleich, mit blut’ger Hand,
heißt ja den Kranz vom Haupte streifen,
heißt schmähen ja das Vaterland!
Zum Kampf, wo …
3. Wie lange hat in Schimpf getragen
die Welt das Joch der Politik!
Wir glaubten, daß zu bessern Tagen
uns eingeführt die Republik!
Wir haben sie mit dir geschaffen,
O Volk, im Sturm des Februar;
wir ließen dich den Lorber raffen,
und gingen selbst des Kranzes bar!
Zum Kampf, wo …
4. Des Tigers denken wir im Norden,
um dessen Haupt die Krone glüht;
es heißt sein Sprung: ein Volk ermorden,
und Blutbegier sein Auge sprüht.
Beim Schlag der Moskowiterknuten
wird bald im ganzen Abendland
des Lebens heißer Puls verbluten,
wenn uns der Knechtschaft Fessel band!
Zum Kampf, wo …
5. Es würde hoch die Luft durchzucken
der Scheiterhaufen helle Gluth;
Baschkiren würden und Kalmucken
im Fluge sätt’gen ihre Wuth,
an Gold und Wein, an Kind und Frauen;
im Rausch und über Trümmern her –
so würden ihren Zug wir schauen,
und Stadt und Dorf ein Flammenmeer!
Zum Kampf, wo …
6. Soldaten, laßt auf diese Horden
des Schwertes Strahl herniederloh’n,
die, lauernd an der Donau Borden,
die Kukunft zu vernichten drohn!
Kanonen, schmettert wild darein!
Trompeten,schmettert wild darein!
Und mit der Bajonette Spitzen
laßt uns dem Geist Erretter sein!
Zum Kampf, wo …
7. Weh, wenn das Vaterland vergäße,
daß wir von Kampfbegierde glühn!
Nein, laßt beim Klang der Marseillaise
des Kampfes rothe Rosen blühn!
Laßt helle Siegesklänge dichten
des Schwertes sprüh’nden Flammenblick!
Und laßt den letzten König richten
die eine Völkerrepublik!
Zum Kampf, wo …
Geschichte / Kommentar:
Das heute etwas verschroben wirkende Gedicht von
Pierre Dupont wurde ohne Angabe zur Melodie abgedruckt. Publiziert
wurde es wohl nur in den beiden Migrantenliederbücher aus London
und Chicago.
Quelle:
Liederbücher der Arbeiterbewegung im 19. Jh.
Sozialdemokratisches Liederbuch. Sammlung
revolutionärer Gesänge, 12. Auflage, German Printing and
Publishing Co., London 1889, Nr. 62, S. 87;
Hermann Schlüter, Sozialistisches
Arbeiter-Ldb, Chicago, o. J. (ca. 1906), Nr. 70;