Kampflied des jüdischen Proletariats
1. Brüder, wir stehen geschlossen,
Auf Leben und Tod wie ein Mann:
Wir stehen im Kampf als Genossen,
Die Fahne, die rote, voran!
2. Trifft Dich ein Schuß mein Getreuer,
Ein Schuß vondem Feinde, dem Hund, -
Ich trag Dich heraus aus dem Feuer
Und heil' Dir mit Küssen die Wund'.
3. Bist Du gefallen, ein Toter,
Die Augen, die lieben, in Nacht,
Bedeckt Dich die Fahne, die rote,
Ich folg Dir in blutiger Schlacht!
Brider, mir hobn geschlosn
1. Oj brider, mir hobn geschlosn
Ojf lebn un tojt a farbant,
Mir schtejn im schlacht wir genosn,
Di fone, die rojte, in hant.
2. Es trift dir a kojl, majn getrajer,
A kojl fun dem sojne, dem hunt.
Dan trog ich dir arojs balt fun fajer
Un hajl dir mit kuschn dajn wunt.
3. Un bistu gefaln a tojter,
die ojgn di libe farmcht,
Dan wikl ich dir in di fone, di rojter,
Un fal mit dir zusamn in schlacht.
Brüder, wir haben beschlossen
1. O Brüder, wir haben beschlossen, in Leben
und Tod fest zu stehn,
wir gehn in den Kampf als Genossen, die Fahne, die
rote, wird wehn.
2. Und trifft dich die Kugel, BGetreuer, die Kugel
vom Feinde, dem Hund,
dann trage ich dich aus dem Feuer und heile mit
Küssen die Wund.
3. Und fällst du und hast du die Augen
für immer im Tod zugemacht,
dann hülle ich dich in die Fahne und falle
mit dir in der Schlacht.
Geschichte / Kommentar:
Obwohl das Lied in den meisten kommunistischen
Liederbücher der Weimarer Zeit eingebunden wurde, sind erhellende
Kommentare nicht vorhanden. Man wohl konstatieren, dass das Lied aus
dem zaristischen Rußland stammt und im Original Jiddisch ist
(„Brider, mit hobn geschlosn“). Es gab Übersetzungen
in mehrere Sprachen. Die Melodie dürfte russischen Ursprungs
gewesen sein.
Lin Jaldati und Eberhard Rebling meinen in ihrem
Liederbuch „Es brennt, Brüder, es brennt“ (S. 16f.),
dass um die Jahrhundertwende „das revolutionäre Pathos, der
Haß gegen die Unterdrücker, die Gewissheit des
zukünftigen Sieges, der kraftvolle Marschrhythmus und die
Intonationen des Arbeiterliedes“ neu in das traditionelle
jiddische Volkslied hinein kam. Zu den erwähnten Beispielen
gehört auch „Brider, mit hobn geschlosn“ ... Ob es,
wie dann weiter ausgeführt „zum bekanntesten Kampflied in
der Zeit der Revolution von 1905“ avancierte, bleibt noch mit
einigen Fragezeichen versehen.
Es ist schon überraschend, dass das Lied in
der DDR Produktion „Das Lied im Kampf geboren“ trotz der
häufigen Nutzung in der Zeit der Weimarer Republik nicht zu finden
ist. Auch Inge Lammel hat es in ihrem Buch „Das
Arbeiterlied“ nicht hineingenommen. Erst bei Lammel/Andert finden
wir das Lied mit einigen kurzen Daten und die Quellenangabe: „Der
Junge Genosse, 1. Juni 1923.“
Lediglich bei Wolfgang Steinitz gibt es eine kurze
Notiz in der Auseinandersetzung mit dem Leunalied (Nr. 280, Bei Leuna
sind viele gefallen), hier S. 450. Er weist dort auf die
Ähnlichkeit der letzten Strophe mit dem
„Remscheidlied“ und einigen anderen Varianten hin und
vermutet, das unser Lied der Ausgangspunkt für die anderen war. Er
beruft sich dabei auf eine Veröffentlichung von M. Beregovskij.
… [russ.] I, Moskau 1934, S. 122.
Quellen:
Kampflieder. FSJ, Verlag Junge Garde (21.-40.
Tsd.), 1920, Nr. 2.
Kampfgesang. Proletarische Freiheitslieder, Berlin
(KAPD), 1921. S. 34
Mit Gesang wird gekämpft'!, 1922, Nr. 11, S.
9.
Kampflieder, VIVA, S. 16
Mit Gesang wird gekämpft'!, 1924, 21. bis 30.
Tausend, Verlag "Junge Garde" Berlin O 17, S. 5
Rot Front. Neues Kampf-Liederbuch, Berlin 1925,
Nr. 32
Zum roten Sturm voran. Kampfliederbuch, Berlin
1926, Nr. 32
Rot Front. Das neue Liederbuch mit Noten, 1927
(Verlag Junge Garde, Berlin), Nr. 16
Front Kämpfer Liederbuch, 21.-40. Tausend,
Berlin 1928/29, S. 5.
Mit Lenin. 50 Kampflieder, 21.-40. Tausend (ca.
1928/29), Nr. 8, S. 5
Mit Gesang wird gekämpft'!, 1928, Nr. 11, S.
7.
Arbeiter-Lieder (ca. 1929), Eine Sammlung
proletarischer Kampflieder, Wander-, Volks- und heiterer Lieder. - Wien:
Grünberg, 94 S. [Lammel, Biblio. Nr. 4040, S. 67 [wie Nr. 359 ],
S. 7
Arbeiter-Lieder (ca. 1930), KJVD, Verlag Junge
Garde: Hermann Remmele, Berlin, Nr. 11, S. 7.
Arbeiterlieder. Unter roten Fahnen. Kampflieder,
ca. 1930 (Lammel Nr. 428), Nr. 7, S. 6.
Lammel / Andert, Und weil der Mensch ein mensch
ist. 200 Arbeiterlieder, Dortmund 1986, Nr. 49, S. 79 (3 Str.)
August Albrecht, Arbeiter- und
Freiheits-Liederbuch (Arbeiterjugend-Verlag), Berlin 1928, Nr. 9, S.
13.
August Albrecht, Jugend-Liederbuch
(Arbeiterjugendverlag). Verband der Arbeiterjugend-Verein Deutschlands,
Berlin, 1929, S. 10.
Lin Jaldati und Eberhard Rebling, Es brennt,
Brüder, es brennt. Jiddische Lieder (Nachdichtung Heinz Kahlau),
Berlin 1985