Bettler (2)
Innere Mission
- Die Einrichtungen und
Anstalten „freier christlicher
Liebestätigkeit innerhalb der evangelischen
Kirche“ wurde 1848/49 von J. H. Wichern
gegründet. Sie sah ihre Aufgabengebiete in
christlicher Fürsorgearbeit in Gemeinden,
Anstalten und Volksmissionen. 1957 vereinigte sie
sich mit dem Hilfswerk der Evangelischen Kirche in
Deutschland zum Diakonischen Werk der Evangelischen
Kirchen. Die Leitung besteht aus dem Diakonischen
Rat, der Diakonischen Konferenz und der
Hauptgeschäftsstelle in Stuttgart. Bekannt ist
heute vor allem die Aktion „Brot für die
Welt“.
Klinkenputzen - Betteln
Kommandobruder - Kunden, die von einer duften
Penne aus die Umgegend abfechten
Kommandoschieber - einer, der längere Zeit
in einer Penne bleibt und von dieser aus die
Umgegend abklopft
Kommando schieben - wochenlang die Umgegend
abbetteln
Kunde - Wanderer;
Handwerksbursche,
Wanderbettler, Vagabund, Gauner. Nach L.
Günther 1919 gehört das Wort Kunde im
Sinne von „wandernder (und
‚fechtender’) Handwerksbursche“
zu unserem deutschen Zeitwort „kennen“,
bedeutet also - ebenso wie ursprünglich Kunde
im heutigen geschäftlichen Sinne - eigentlich
„Bekannter“ (schon früh Anredeform
der Landstreicher unter sich).
Arnulph Rentsch schrieb in den
1890er Jahren: ein Kunde „will jetzt jeder
noch so grüne Handwerksbursche sein. Nun,
diese Ehre (?) wird ihm Niemand abstreiten. Diese
sind die Kunden von „neuem Schrot.“
Früher hingegen pochte eine gewisse Klasse -
weitgereiste Handwerksburschen, welche das
„Walzen“ und seine Freuden und Leiden
durch und durch kannten und zum Theil aus dem
Fechten ein Geschäft machten - auf dieses
Vorrecht. Dies sind jetzt die Kunden von
„altem Schrot.“
Schicksenliebe
Er fand sie beim Dorfe im
Straßengraben:
Mädel, dich
möcht’ ich zur Schickse haben!
Sie lachte.
Sie lachte laut und
hängte sich an:
Ach, endlich habe auch ich
einen Mann!
und lachte.
Und lachte, als er ihr
fluchend gebot,
zu betteln um Geld, zu betteln
um Brot.
Und lachte.
Er hat sie nach Rußland
hinein verschleppt,
wo man wohl hängt, doch
keinen köppt.
Sie lachte.
Sie lachte, als er ihr das
Tuch fortgenommen
und sie vor Kälte fast
umgekommen.
Oh, lachte!
Oh - lachte, als er sie mit
Füßen trat
und sie den letzten Atemzug
tat.
Ja - lachte - - -
(Ostwald, Ldb. 1, S. 106f.)
Landstreicher zu Beginn des
20. Jhs.
- Hans Ostwald schrieb
über die Möglichkeiten und Chancen in den
einzelnen Landesteilen der „jedes Jahr
periodisch arbeitslos werdenden Massen“, die
zu Beginn des 20. Jhs. „zu einem großen
Teil auf die Landstraße“ gingen. Es
begann mit „dem geschäftlichen
Niedergang, der 1900 einsetzte“ und die
Kriminalität und die Landstreicherei ansteigen
ließ. (Ostwald, 1906, S. 7) „Der Bauer
aber ist dem armen Reisenden nicht immer so
wohlgesonnen. Wenigstens nicht in Norddeutschland.
Die Süddeutschen sollen den Wanderarmen mit
heiteren Augen betrachten (...) wenn auch einzelne
Landstriche, wie Mecklenburg-Strelitz und Oldenburg
besonders von bettelnden Fahrenden bevölkert
werden.“ (Ebd., S. 54f.) Bayern galt als
Eldorado für Wanderburschen. Auch das
rheinisch-westfälische Industrie- und
Bergwerksgebiet wird bevorzugt, weil es wegen
seiner dichten Besiedelung viel Bettelgelegenheiten
und Unterschlüpfe bot.
Moos
1) Geld, seit dem 18. Jh. im
Rotwelsch (in abweichender Form schon seit dem 15.
Jh.) bezeugt. Aus dem westjiddischen Moes
„Geld“ (hebräisch ma’oth
„kleine Münze, Pfennige,
Kleingeld“. Kluge vermutet, dass auch
„Mäuse“ („Geld“)
diesen Ursprung hat; 2) Zuchthaus (besonders das Z.
zu Kaisheim)
Ortsgeschenke
- werden jetzt in vielen
Städten und Dörfern jedem
Handwerksburschen, der sich ordentlich legitimiren
kann, verabreicht. Die Namen werden in der Regel
eingetragen und in die Legitimation ein Stempel
(„Bettelzinken“) gedrückt. Manche
dieser „Zinken“ erfreuen sich unter den
Kunden einer gewissen Berühmtheit und
besonderer Namen. Die übrigen
„Bettelzinken“ werden in zwei Klassen
getheilt, nämlich „dufte“ und
„mieße.“
Zu den „duften
Bettelzinken“ gehören solche mit den
Aufschriften: Vereins-, Stadt- oder Ortsgeschenk,
Gebestelle, Unterstützungs- und Wander-
Unterstützungsverein; während solche mit
den Aufschriften: Verein gegen Bettelei oder
Hausbettelei, Armenpflege u.s.w. zu den
„mießen“ gehören.
Außerdem zeichnen sich die
„mießen“ von den „duften
Zinken“ im Durchschnitt noch durch besondere
Größe und fetten Druck aus. Wer nun
diese Ortsgeschenke einige Wochen oder Monate
mitnimmt, kann auf diese Weise eine recht
reichhaltige Stempelsammlung erhalten. In 14 Tagen
wird durchschnittlich die Seite eines Arbeitsbuches
voll. Mitunter mehr, mitunter weniger, je nach der
Gegend. Einem „Linkmichel,“ welcher
nicht gern sein Arbeitsbuch verunzieren lassen
möchte, ist noch zu rathen, vor Beginn der
„Stempelsammlung“ hinten etliche
weiße Blätter hineinzuheften. Die
Ortsvorsteher werden gern die Stempel darauf
drücken. Ist jedoch die Stempelsammlung schon
begonnen, so wird das Arbeitsbuch trotz des
späteren eingehefteten Papieres unbarmherzig
zum „Bilderbuch“ gemacht. - Ein oft
recht unangenehmes Gegenstück bilden die
Zinken mitunter zu dem textlichen Inhalt der
Arbeitszeugnisse und Führungsatteste, auf
welche sie gedrückt werden, und es wäre
wohl erlaubt, die Frage aufzuwerfen, ob dem nicht
abzuhelfen sei.
In einigen Orten wird das
Geschenk nur gegen Arbeitsleistung gewährt.
Oft 15-30 Pfennige gegen zweistündige Arbeit.
In anderen Orten wird statt des Geldgeschenkes
Naturalverpflegung, in anderen Verpflegung gegen
Arbeitsleistung gewährt. Natürlich ist es
den Handwerksburschen nicht zu verdenken, wenn sie
die christliche Nächstenliebe und
Wohltätigkeit solcher Städte und
Gemeinden möglichst wenig in Anspruch nehmen.
Abgesehen davon, daß diese letztere
Einrichtung überaus unpraktisch ist, ist doch
noch ganz besonders anfällig, daß dem
„angelnden“ Handwerksburschen trotz
seiner redlichen Arbeit ein -
„Bettelzinken“ und oft noch ein recht
„mießer“, z.B. -“Verein
gegen Hausbettelei“ in die Fleppe
gedrückt wird. Also die Gegenleistung der
betreffenden Behörde bleibt trotz der
Arbeitsleistung immerhin ein Almosen. Ist es da dem
Handwerksburschen zu verdenken, wenn er sagt:
„Almosen hin, Almose her. Wo ich’s
krieg, da hab ich’s. Jetzt fecht’ ich
mir ein Mittagessen bei einem Bauern oder
christlichen Bürger, ohne dafür erst zwei
Stunden arbeiten zu müssen und mir einen
„mießen Bettelzinken“ in die
„Fleppe“ drucken zu lassen; in den zwei
Stunden kann ich 10 Kilometer weiter
kommen.“
Doch da komme ich wieder auf
das Unpraktische zu reden. Also es kommt z.B. ein
Reisender zwischen 2-3 Uhr in einen Ort und soll
dort 2 Stunden arbeiten, also bis fünf Uhr
(denn den Arbeitsplatz muß er auch erst
suchen). Die Verpflegung besteht nun, wenn ich hoch
greifen will, aus Abendbrod, Nachtlager und
Morgenkaffee. Um wieviel dieser Reisende
aufgehalten wird, stelle ich dem Urtheil des Lesers
anheim. (Anm.: Die Arbeitsleistung besteht meistens
in Holzhacken und Steineklopfen.) (Rentsch ca.
1890)