Arbeiterliedarchiv
Lancken
Als die goldne Abendsonne
Nationalsozialistisch (1923)
1. Als die goldne Abendsonne
Sandte ihren ersten Schein
Zog ein Regiment von Hitler
In ein kleines Städtchen ein
2. Traurig klangen ihre Lieder
Durch die kleine stille Stadt
Denn sie trugen ja zu Grabe
Einen Hitlerkamerad
3. Und der Mutter in der Ferne
Sandten sie den letzten Gruß
Daß ihr Sohn mit Stolz gefallen,
Durch das Herz traf ihn der Schuß.
4. Trotzig wehten ihre Fahnen
Als sie senkten ihn ins Grab
Und sie schwuren grimmig Rache
Für den Hitlerkamerad.
5. Du bist nicht umsonst gefallen
Schwuren sie es ihm aufs Neu
Dreimal krachten dann die Salven
Er blieb Adolf Hitler treu.
6. Als die goldne Morgensonne
Sandte ihren ersten Schein
Zog ein Regiment von Hitler
Weiter in den Kampf hinein.
Die Handwerksburschen Fassung
nach J. Koepp:
1. Als die goldne Abendsonne
sandte ihren letzten Schein,
: Zogen eins zwei wilde Burschen
(Nach Mersmann auch „Wanderburschen“)
in ein kleines Dorf hinein.. :
2. Und am Ende dieses Dörfleins
wohnt ein armes Bäuerlein,
und die beiden Wanderburschen
kehrten bei dem Bauer ein.
3. Und der Bauer hat’ne Tochter,
und die war so schön, war so schön,
und die beiden wilden Burschen
wollten mit dem Mädel gehen.
4. Liebst du mich, so sprach der eine,
machen wir ’ne Kompanie,
und so liebte sie den einen,
den andern aber küsste sie.
5. Als die goldne Morgensonne
sandte ihren ersten Schein,
zogen die beiden Wanderburschen
weiter in die Welt hinein.
Kommunistische Fassung (1928)
1. Als die goldne Abendsonne
sandte ihren letzten Schein,
Zog ein Regiment Kommunisten
in ein kleines Städtchen ein.
2. Traurig klangen ihre Lieder
durch die kleine stille Stadt,
denn sie trugen ja zu Grabe
einen guten Kamerad.
3. Und der Mutter in der Ferne
Sandten sie den letzten Gruß,
daß ihr Sohn mit Stolz gefallen,
durch das Herz traf ihn der Schuß.
4. Als sie gaben ihm’s Geleite,
Fahnen wogten rot wie But,
Hasserfüllte Blicke schwuren
Rache seiner Mörderbrut.
5. Dreimal krachten ihre Salven,
als sie senkten ihn hinab.
„Du bist nicht umsonst gefallen“,
klang ihr Schwur laut über’s Grab.
6. Als die goldne Morgensonne
sandte ihren ersten Schein,
zog ein Regiment Kommunisten
weiter in die Welt hinein.
Aus: „Die Rote Front“ 1928, Nr. 4.
– „Auf den Tod eines Kameraden. Gedichtet von einem Roten
Frontkämpfer.“
Text: unbekannt; Karl
Heinz Muschalla, Berlin (Lebensdaten unbekannt!)
Geschichte / Kommentar:
„Ebenso wie in den Soldatenliedern, spielte
das Thema des im Kampf gefallenen Kameraden in den revolutionären
Arbeiterliedern der Weimarer Zeit ein große Rolle“ meint
Wolfgang Steinitz. Die Nähe der Frontkämpfer- und
Soldaten-Kampflieder zu den gewöhnlichen Soldatenliedern ist
bereits in der Definition (siehe Hinze, „Das Arbeiterlied“
auf dieser Website oder in: Die Schalmei) dargestellt worden.
Das Lied „Als die goldene Sonne“ ist
zuerst von nationalsozialistischer Seite aus dem Jahr 1923
überliefert (1) Einer Darstellung des SA-Liederbuchs von 1938
folgend, wurde es am 21. Februar 1926 bei der Beisetzung eines
SA-Mannes öffentlich gesungen. Ab 1932 ist es in fast allen
Liederbüchern der NSDAP oder SA, meist an hervorragender Stelle
übernommen worden. Als Textautor wird dort meistens Karl Heinz
Muschalla angegeben.
Als kommunistisches Kampflied ist es seit 1928
überliefert, und, wie Wolfgang Steinitz bemerkt, ein Beispiel
für „ein in der faschistischen Bewegung gesungenes
Lied“, dass „von der kommunistischen Bewegung parodiert
wurde“ (Steinitz, S. 554). Das ist vermutlich ein Schock für
alle Lammelisten (jene, die kritiklos bei Inge Lammel abschreiben) und
jene, die immer vom gestohlenen Liedgut sprechen (siehe dort).
Das Lied „Als die goldne Abendsonne“
erschien 1928 in der Wochenzeitung des RFB „Die Rote Front“
und „fand eine gewisse mündliche Verbreitung und
Variation“. Steinitz zufolge ist es Charakteristisch, dass
„die pathetische Str. 4 von B in den mündlichen Fassungen
fehlt“:
4. Als sie gaben ihm’s Geleite, / Fahnen
wogten rot wie But,
Hasserfüllte Blicke schwuren / Rache seiner
Mörderbrut.
Die Ausführungen zeigen, daß die
gegenseitige musikalische Beeinflussung durch die Kampfbünde jener
Zeit differenzierter betrachtet werden muß, als das bislang
geschehen ist. So sind die historischen Zeitabläufe ebenso wie die
regionalen Bedingungen eingehender zu beachten. Es sind die
unterschiedlichen Agitationszeiträume der verschiedenen
Frontkämpferorganisationen wie Stahlhelm, Jungdo, SA, RFB usw. und
deren jeweiliger - auch interner Liedgebrauch - in die Analyse
Steinitz, der sich auf Koepp bezieht, meint dass
das Lied „auf die Rahmenstrophen 1 und 5 eines
Handwerksburschenliedes zurück“ geht. Allerdings sind
für dieses Lied auch nur Belege aus der Zeit 1930/31.
Koepp bringt in „Deutsche Liederkunde,
Jahrbuch für Volkslied und Volkstanz“ I (1939), S. 128f.,
eine Fassung des Bauschlossers Otto Helmchen aus Berlin (1931) und
eine, die er 1930 „in der Herberge zu Spandau von zünftigen
Handwerksburschen“ aufschrieb. Seine Gewährsleute
hätten ihm gesagt, dass sie „das Lied seit Jahren kannten
und daß es auf ihren Zusammenkünften und Wanderfahrten gern
gesungen wurde“. „Seit Jahren“ ist allerdings ein
dehnbarer Begriff, das können fünf oder auch zehn oder mehr
sein. Es bleibt also noch unbeantwortet, woher der Liedstamm
ursprünglich stammt.
Das NS-Liederbuch „Was der Deutsche
singt“ weist hin auf: Nationaler Schallplatten-Dienst G.m.b.H.,
Berlin W 35 (96 Seiten), Auf Schallplatte erschienen. Bestell-Nr.: 112
Quelle:
Johannes Koepp, Deutsche Liederkunde. In: Jahrbuch
für Volkslied und Volkstanz Bd. 1, Potsdam 1939, S. 128ff.
Wolfgang Steinitz, Deutsche Volkslieder
demokratischen Charakters aus sechs Jahrhunderten, Bd. 1, Berlin 1954
und Bd. 2, Berlin 1962, S. 554ff.
H. Mersmann, Volkslied und Gegenwart (1937), S.
26, führt als Anfang an:
NS Liederbücher:
1930 ? Für Freiheit und Vaterland. Lieder der
erwachten nation, Preis 10 Pfennig / Band 1, Auslieferung und Verlag
Walther Lorenz, Grosso-Buchhandlung, Frankfurt-M, Mainer Landstr. 17,
Druck: , S. 7 (6 Str.)
1932: Hans Groschupp, Unser Lied. Liederbuch der
Hitler-Jugend, Wuppertal 1932, S. 3f. (6 Str.) gleich nach dem Horst
Wessel-Lied.
ca. 1932 N.S.B.O. Kampflieder-Buch. Hrsgg
von Pg. Hermann Roesler, Berlin, Druck: Georg Wartenberg, Berlin W 50,
Ansbacher Straße 42/48, Preis 25 Pfg. o.J.S. 15 (6 Str.)
1932 Was der Deutsche singt. Deutsche Kampf- und
Freiheitslieder und andere. Zusammengestellt, bearbeitet und
herausgegeben von Hans Bajer, 1. - 10. Tausend, 1932, S. 47f (6 Str.)
Kapitel III. Von schwerer Zeit
Der Hitlerkamerad* (Ueber Gräber
vorwärts).