So weit der Himmel blau ist
1. Als armer Eltern Kind geboren,
war Armut früh mein traurig Los.
Ich wurde gleich so vielen andern
in Not und Sorgen langsam groß.
Ich hört’ gar oft die Männer
klagen,
daß schwer der Kampf des Lebens sei;
und wieder manche hört’ ich sagen:
„Zerbrecht das Joch und macht euch
frei!“
So weit der Himmel blau ist
und’s Menschenblut ist rot,
müsst ihr euch all’ vereinen,
zu lindern eure Not.
2. Ich bin die weite Welt durchzogen
und hab geseh’n manches Land,
ich grüßt im Süd die
Alpenhöhen,
ich grüßt im Nord des Meeres Strand.
Doch überall das gleiche Treiben,
das man den Kampf um’s Dasein nennt,
als müsst das Volk der Arbeit bleiben
geknechtet bis an’s Lebensend.
So weit der Himmel blau ist
und’s Menschenblut ist rot,
Frisch auf, ihr Proletarier,
zum Kampf für Recht und Brot!
3. Drum, weil den gleichen Druck ich fühle,
den Druck des Molochs „Kapital“,
schloß ich mich an mit ganzem Herzen
und singe laut durch Berg und Tal:
Kommt all’ herbei, ihr Millionen,
zerstört moderne Sklaverei;
und da, wo gute Menschen wohnen,
tönt laut der Arbeit Feldgeschrei:
So weit der Himmel blau ist
und’s Menschenblut ist rot,
Folgt all’ dem Friedenszeichen,
der Fhne purpurrot.
4. Zum Kampf, in dem wir uns befinden,
braucht man nicht Pulver und nicht Blei;
die beste Waffe, die wir führen,
die Aufklärung der Massen sei.
Hat man den Ruf erst recht vernommen
und kennt das Volk erst seine Kraft,
dann ist der Augenblick gekommen,
der für die ganze Menschheit schafft.
So weit der Himmel blau ist
und’s Menschenblut ist rot,
Den Himmel auf der Erde
und nicht erst nach dem Tod.
5. Wem noch das Herz im Busen glühet
für Freiheit, Wahrheit und für Recht;
wer noch nicht ganz und gar verdorben,
ohn’ Unterschied in dem Geschlecht,
dem leuchtet’s ein von Jahr zu Jahre,
daß eine ihm bringt Rettung nur:
Wenn von der Wiege bis zur Bahre
ein Jeder hält mit Stolz den Schwur:
So weit der Himmel blau ist
und’s Menschenblut ist rot,
So wahr bleib’ bis zum Tode
ich treu der Fahne rot!