Das Recht der Arbeit
1. Alldeutschland, das mächtge erzittert,
Europa, das stolze erbebt,
Mit Kräften, so lange zersplittert,
Ein neues Geschlecht sich erhebt;
Wir sehen es wachsen und ringen,
Voll Liebe sich innig umschlingen:
Zu leben für der Arbeit heil’ges Recht!
2. Dort, wo tief im Schachte der Erde
Der Mann in der Blouse sich müht,
Dort, wo vor dem flammenden Heerde
Das Herz wie das Antlitz erglüht;
allüberall schallen die Schwüre,
Daß Jeder den Wahlspruch erküre:
Zu kämpfen für der Arbeit heil’ges
Recht!
3. Und wo an der Spindel in Sorgen
Sich härmen, ach! Mutter und Kind,
Da tagt jetzt ein hellerer Morgen,
Da flüstert es leise und lind:
Mach’, Vater, der Noth ein Ende -
Und gläubig sie falten die Hände,
Zu beten für der Arbeit heil’ges Recht!
4. Im Zeichen des Dampfs, der Fabriken,
Der Noth, die die Geister empört,
Das neue Geschlecht wir erblicken,
Hurrah, dem die Zukunft gehört,
Die Zukunft, vernehmt es, ihr Massen,
Die kühn mit dem Ruf wir erfassen:
Zu siegen für der Arbeit heil’ges
Recht!
Geschichte / Kommentar:
Das Lied schrieb August Geib auf die Melodie
„Und hörst du das mächtige Klingen“. Es ist seit
1873 in dern Liederbüchern der organisierten Arbeiterbewegung bis
um die Jahrhundertwende enthalten.
Vaterlandslied (III. 164)
1. Und hörst du das mächtige Klingen von
der Ostsee bis über den Rhein?
das Lied mit den sausenden Schwingen? tief dringt
es durch Mark und durch Bein.
Was brauchen wir weiter zu fragen? Die klopfenden
Pulse sie sagen:
es ist das Lied vom deutschen Vaterland! es ist
das Lied vom deutschen Vaterland!
vom deutschen Vaterland.
2. Ob Meer auch und alpige Halden vielmarkig
zerteilen die Flur,
ihre Banner viel Fürsten entfalten: ein
Deutschland an Herzen ist’s nur!
Wohin sich der Sinn uns auch wende, Millionen sie
schlingen die Hände
/: zum großen Bund dem ein’gen
Vaterland. :/
3. Von Saaten die Täler sich regen, von Reben
die Bergwand erglüht.
Ein Gut ist’s, das alle wir pflegen, das
ewig dem Geiste erblüht:
die Freiheit in sonniger Weihe! Kein Deutschland,
es sei denn das freie!
Hoch, hoch das freie deutsche Vaterland!
4. Nur vorwärts, nur vorwärts, ihr
Brüder! dem Kampf wird die Palme doch sein.
In die Werkstatt des Geistes hernieder entsenkt
sich vom Himmel der Schein.
Ha, wie sich der Lichtstrom verbreitet, und die
Glocke der Zukunft sie läutet
zum Frühlingsfest des deutschen Vaterlands!
Text: Karl Rinne, um 1840
Mel. A. E. Marschner 1849 / Sehr mäßig
und kräftig.
Quellen:
Lieder der Arbeiterbewegung im 19. Jh.
Johann Most, Neuestes Proletarier-Lieder-Buch von
verschiedenen Arbeiterdichtern, 3. verbesserte Aufl., Druck und Verlag
der Genossenschafts-Buchdruckerei Lindenstraße Nr. 9, Chemnitz
1873, Nr. 20.
Most's Proletarier-Liederbuch. In fünfter
Auflage zusammengestellt und herausgegeben von Gustav Geilhof in
Chemnitz, 1875, Nr. 16.
Sozialdemokratisches Liederbuch. 8.
veränderte Aufl., Zürich, Verlag der Volks-Buchhandlung,
1885. Nr. 35
Sozialdemokratisches Liederbuch. 10. Aufl., Verlag
der Volksbuchhandlung, Hottingen-Zürich, 1887, Nr. 40.
Sozialdemokratisches Liederbuch. Sammlung
revolutionärer Gesänge, 11. Auflage, German Printing and
Publishing Co., London 1889., Nr. 40.
Sozialdemokratisches Liederbuch. Sammlung
revolutionärer Gesänge, 12. Auflage, German Printing and
Publishing Co., London 1889. Nr. 40.
Max Kegel's Sozialdemokratisches Liederbuch
3. Auflage, (Verlag von J. K. W. Dietz) Stuttgart 1891, Nr. 45.
Max Kegel's Sozialdemokratisches Liederbuch (8.
Aufl.), Stuttgart, 1897, Nr. 43.
Hermann Schlüter, Sozialistisches
Arbeiter-Liederbuch Chicago, o. J. (ca. 1906), Nr. 55.
Melodie nach:
Friedrich Silcher, Friedrich Erk, Allgemeines
Deutsches Kommersbuch, Lahr 1919 (111. Aufl.), S. 108, Nr. 125
(III.164.)