Arbeiterliedarchiv
Lancken
Brüderschaft (1821)
1. Im Krug zum grünen Kranze,
da kehr ich durstig ein,
da saß ein Wandrer drinnen, ja drinnen
am Tisch bei kühlem Wein.
2. Ein Glas war eingegossen,
das wurde nimmer leer,
sein Haupt ruht auf dem Bündel,
als wär’s ihm viel zu schwer.
3. Ich tat mich zu ihm setzen,
ich sah ihm ins Gesicht,
das schien mir gar befreundet,
und dennoch kannt ich’s nicht.
4. Da sah auch mir ins Auge
der fremde Wandersmann
und füllte meinen Becher
und sah mich wieder an.
5. Hei: was die Becher klangen,
wie brannte Hand in Hand:
‘Es lebe die Liebste deine,
Herzbruder im Vaterland!’“
Brüderschaft (1895)
1. Im Krug zum grünen Kranze
da kehrt ich Wandrer ein,
da saß ein Bürger drinnen
am Tisch beim kühlen Wein.
2. Ich thät mich zu ihm setzen,
Ich sah ihm ins Gesicht,
Das schien mir gar befreundet,
Und dennoch kannt ich’s nicht!
3. Da hub er an, zu fragen:
„Gesell, wie steht’s zu Haus?
Und mit dem Sinn der Bürger,
Wie sieht es bei Euch aus?“
4. Ich sprach: „Sie sind verbunden
Und halten wacker Stand,
Den freien Sinn zu hegen
Im Dorf und rings im Land.“
5. Da sah er mir ins Auge:
„Der Freiheit gilts, wohlan!
Ihr ist in alter Liebe
Auch mein Herz zugetan!“
6. Hei, wie die Gläser klangen,
Es brannte Hand in Hand:
„Es lebe das Recht, die Freiheit,
Herzbruder, im Vaterland!“
Text: Wilhelm Müller 1821.;
2. unbekannt [Hier] Stuttgarter Landesversammlung der Volksvereine,
Melodie: alte
Volksweise, wie „Ich stand auf hohem Berge“; ;
Carl Friedrich Zöllner (op.14,3);
Johann Friedrich Reichardt.
Vorlage: Demokratisches
Liederbuch zum Gebrauch der Volksvereine.
Geschichte / Kommentar:
Den Text dieses beliebten Trinkliedes schrieb Wilhelm Müller 1821. F.
M. Böhme schrieb 1895 dazu in seinen „Volkstümlichen
Liedern der Deutschen im 18. und 19. Jahrhundert“
Gedicht von Wilh. Müller 1821. Zuerst in:
„77 Gedichte eines reisenden Waldhornisten“, Dessau 1821,
S. 79. Dann in „Wanderlieder eines rheinischen
Handwerksburschen“ Nr. 4. Revidirt hier nach der Ausgabe von W.
Müllers Liedern 1868. - Die Melodie ist eine alte Volksweise,
gebraucht zur Ballade von Graf und Nonne: „Ich stand auf hohem
Berge“ (Liederhort I, 316), auch zu „Es blies ein junger
Jäger wohl in sein Jägerhorn“ (Ldb. I, 54) und
„Drei Lilien, drei Lilien“ (Ldb. II, 542). In Deutschland
ist sie erst seit Anfang des 19. Jahrh. nachweisbar und mit
Müller’s Krugliede seit 1833 verbunden. Sie soll aus England
über Holland zu uns gekommen sein und ursprünglich zu dem
Texte gehören „All in a garden / Two lovers sat at
ease“. So hat Max Seiffert über Sweelinck in
Vierteljahrschr. f. Musikwissensch.“ 1891 und Friedländer im
Commersbuch S. 153 angegeben. Der engl. Abstammung dürfte man
einige Zweifel entgegensetzen.
Nach dem Ende der „Sozialistengesetze“ wurde im
Januar 1895 Jahren
eine Parodie geschrieben, die ein deutliches politisches Bekenntnis zur
organisierten Arbeiterbewegung und den fortschrittlich gesinnten Teilen
des Bürgertums mit lieferte. (s.o.)
Quellen:
Für Lied Nr. 1:
F. M. Böhme, Volkstümliche Lieder der
Deutschen im 18. und 19. Jahrhundert, Leipzig 1895, Nr. 313 S. 238
Allgemeines Deutsches Kommersbuch.
Ursprünglich herausgegeben unter musikalischer Redaktion von
Friedrich Silcher und Friedrich Erk. Lahr 1919 (111.-114. Auflage), S.
518f., Nr. 565:
Ernst Klusen, Deutsche Lieder. Texte und Melodien,
Franfurt am Main 1980, S. 134:
Für Lied Nr. 2:
Kommission des Demokratischen Vereins in
München (Hg.), Demokratisches Liederbuch zum Gebrauch der
Volksvereine. Zürich, Stuttgart 1895.
Andreas Kettel, Volksliederbuch, Reinbek 1979, S.
194f.
Fritz/Schmeckenbecher (Zupfgeigenhansel), Es wollt
ein Bauer früh aufstehn. 222 Volkslieder, Dortmund 1980, S. 321
[Text wie Kettel]
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