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Arbeiterliedarchiv
Lancken
im e.V.
Musik von unten
Des Morgens
um halb seche 

1. Des Morgens um halb sechse,
Dann eilen wir geschwinde,
:,: Wir steigen die Leiter wohl in die Höh’
Bei Tiedemann an der Chaussee, o jeh! :,:

2. Der Polier und auch der Meister,
Die werden immer dreister.
:,: Die schöne Zeit ist vorüber, o je,
Bei Tiedemann an der Chaussee! :,:

3. Der Meister und der Budiker,
Die werden immer dicker
:,: Von unserm verdienten Lohn, o je!
Bei Tiedemann an der Chaussee! :,:

4. Kommt nun der kalte Winter,
Dann schreien Weib und Kinder:
:,: „Wo hast Dein’n verdienten Lohn, o je!“

5. Bei Tiedemann an der Chaussee! :,:

6. „Lieber Mann, bleib’ doch zu Hause
In uns’rer stillen Klause,
:,: Bis bess’re Zeiten kommen, o je!“
Bei Tiedemann an der Chaussee! :,:

Der Wanderfreund. Fritz Ulrich’s gesammelte Handwerker-, Wander- u. Arbeiterlieder, Altona-Hamburg, 1929, Nr. 200, S. 181f.



Des Morgens
um halb fünfe 

1. Des Morgens um halb fünfe
dann heißt es ganz geschwinde
:,: nach unser Arbeit hin, o weh.
nach Hebelmeer am Kanal. :,:

2. Wenn wir die Karre laden,
dann sehn wir unseren Schaden
:|: bei Hebelmeer am Kanal, o weh,
bei Hebelmeer am Kanal :|:

3. Wenn wir die Karre dann kippen,
dann tun wir uns erquicken
:|: bei einem Glas Bier und Branntewein,
bei einem Glas Branntewein. :|:

4. Die Schachtmeisters müssen sich schämen,
daß die armen Leute sich quälen
:|: für zwanzig Silbergroschen, o weh,
bei Hebelmeer am Kanal. :|:

5. Die Schachtmeisters und Budicker
werden alle Tage noch dicker
:|: von unsres Verdienstes Lohn, o weh,
bei Hebelmeer am Kanal. :|:

6. Wenn der strenge Winter dann kommet,
dann schreiet Frau und Kinder:
:|: „Wo hast du deinen Lohn, o weh,
wo hast du dein verdienten Lohn!“ :|:

7. „Meinen Lohn kann ich nicht geben
und kost es auch mein Leben.
:|: Ich habe ja nichts verdient, o weh,
bei Hebelmeer am Kanal.“ :|:

8. „Dann bleibe doch lieber zu Hause
und spiele mit meiner Pause,
:|: bis daß besser Zeiten kommen, o weh,
bei Hebelmeer am Kanal.“

9. „Zu Hause kann ich nicht bleiben
und dir die Zeit vertreiben.
:|: Ich muß in eine fremdes Land hinein
bei Hebelmeer am Kanal.“ :|:

Andere Titel: 
Text: unbekannt,
Melodie: unbekannt,
Noten:
Vorlage:
Kategorie: Wanderarbeiter,
Zeit: um 1860,
-> De Grandmonarch; Schachtmeister; Budiker; Wanderarbeiter,
Geschichte / Kommentar: 

Die zentralen Motive des Liedes, das besonders von Erdarbeitern beim Eisenbahn-, Straßen- und Kanalbau oder Ziegler gesungen wurde, lassen sich in die Zeit um 1860 zurückführen. Das „einzige durch Raum und Zeit weitverbreitete und äußerst beliebte Lied der deutschen vorsozialistischen Arbeiterbewegung“ (Steinitz) hatte allerdings mehrere Melodien. Gesungen wurde es besonders in Norddeutschland, doch auch auch aus Sachsen, Schlesien, Pommern, Hessen-Nassau und den Niederlanden sind Varianten übermittelt. Die Lieder erzählen und den harten Bedingungen unter denen die Menschen arbeiten mußten. Einen Eindruck geben die „Denkwürdigkeiten und Erinnerungen“ eines Beteiligten (Karl Fischer), der in den sechziger Jahren des 19. Jh., als die gewerkschaftliche Bewegung noch in den Kinderschuhen steckte: „O Hüneburg, o Hüneburg, wie brummten meine Knochen! Das war ein Stück Arbeit, das will ich jedem versichern! Wer das nicht mitgemacht hat, der kennt das nicht. Aber es ging alles nur um das liebe Geld, das mußte man haben, das war der ganze Zwang, anders war da keiner“. Der Schachtmeister (Arbeitsleiter eines Abschnitts), und der Budiker (Gastwirt), der auch oft verantwortlich für die Massenquartiere war, arbeiteten bei dem teilweise wie eine Art Menschenhandel funktionierenden System eng zusammen. So wurde ersterer von letzterem „mit drei Silbergroschen pro Taler“ für „seine Vermittlung“ entschädigt.




Quelle:

Fritz Ulrich, Der Wanderfreund.  gesammelte Handwerker-, Wander- u. Arbeiterlieder, Altona-Hamburg, 1929, Nr. 200, S. 181f.
Wolfgang Steinitz, Deutsche Volkslieder demokratischen Charakters aus sechs Jahrhunderten Bd. 1, Berlin 1954, S. 299.



 
 
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