Agitprop (7)
Der Traum von einer Roten
Armee
Der Traum von einer Roten
Armee ist in allen Liedern, in denen die
unterschiedlichen Gewaltphantasien besungen werden
präsent. explizit ausgesprochen wird es in den
„Soldaten der Klassenarmee“ (1),
„die rote Klassenarmee“ (2),
„Solidaritäts-Armeen“ (15) oder
der „Vorhut der Roten Armee (24).
Natürlich ist er in den Bezeichnungen der
Kämpfer als „Soldaten“ (s.o.)
enthalten. Konkret ausgesprochen wird er noch in
Louis Fürnbergs „Das ist das Lied von
der Roten Armee“ (Marsch der Roten Armee)
(45).
2. Die Klage über die
aktuelle Situation
(enthalten in Nr. 1, 2, 4, 7,
10, 12, 13, 14, 15, 18, 19, 25, 30-35, 37, 38)
An zweiter Stelle der 39
Agitprop-Lieder, die Inge Lammel in der Reihe
„Das Lied im Kampf geboren“ Heft 2
vorstellt, steht das Thema „die negative
Situation“, gegen die man sich wehren muss.
Sie kommt 17 mal vor.
Es sind die Arbeiter, die
„aus Fabriken, aus Werkstatt und
Kontor“ oder „Gruben“, kommen und
nicht nur im „Betriebe für Freiheit,
Brot und Lohn“ kämpfen (1) wollen (oder
müssen), sondern auch „Gegen Hunger,
Faschismus und Kriegsgefahr“ (2).
Hunger und (2, 7, 10, 12, 25,
30, 37) „Not“ allgemein (10, 14, 25,
30, 32) „Elend und Tod“ (14)
Die Finanzielle Situation:
„Stütze reduziert“ (13),
„Wirtschaftskrise“ (13)
Man rationalisiert, und man
raubt euch das Brot, man zahlt die Milliarden von
eurer Not. (32)
Im
„Komintern-Lied“ fordert das
„Rote Sprachrohr, Berlin“ dazu auf, die
Maschinen zu verlassen und heraus zu kommen (4).
Die negative Situation wird
hier dargestellt und in Zusammen mit den
vergangenen Kämpfen gebracht:
2. Wir standen im
„Vorwärts“ zum Tode entschlossen /
und hatten die letzten Patronen verschossen.
Sie warfen Granaten und Minen
hinein, / wir mußten erliegen, |: Wir standen
allein. :|
3. Wir haben die Besten zu
Grabe getragen, / zerfetzt und zerschossen und
blutig geschlagen,
von Mördern umstellt und
ins Zuchthaus gesteckt, / uns hat nicht das
Wüten |: der Weißen geschreckt! :|
„Ihr habt es
gelitten“ klagt die „Kurve Links,
Berlin“ dass „sie euch zerknüppeln
und zwingen ins Joch“ (32).
Die negative Vergangenheit aus
russischer Sicht stellt das „Rote
Sprachrohr“ aus Berlin dar (7) mit
„Hunger“ dar („zum Fressen war
nichts da“). Der Hunger in Russland (9) wird
auch mit den Untaten des Zaren verbunden, der
„sie“ gequält habe (7). Regional
wird besonders Sibirien hervorgehoben, wo Hunter,
Not und Leid vorherrschend gewesen war (9).
Die Fürsten sind Schuld
(10) und die Reichen bereichern sich (12),
An aktuellen Themen bringt die
„Kolonne Links“ aus Berlin
zusätzlich zur vermeintlichen
Unterdrückung noch die Diskussion um eine
„Arbeitsdienstpflicht”,
Lohndrücker“ und
„Streikabwürger“ ins Lied ein
(15). Natürlich ist auch die Arbeitslosigkeit
ein Thema und wird ausgedrückt mit „Er
stempelt auch, wenn Arbeit knapp,“ (18) daher
ist ein „Kampf für Arbeiter, Für
Freiheit und Brot!“ (25). Zu dem wenigen Lohn
wird die Härte des Alltags mit dem Vokabular
des 19. Jahrhunderts dargestellt. so schuften die
„Proleten“ „harter Fron!“.
Deshalb will „Die Junge Garde“
mit ihnen „das Sklavenjoch!“ sprengen
(34).
Vergangene Orte, in denen die
KPD Revolutions- oder Putschversuche unternahm
werden in Zusammenhang mit aktuellen Forderungen
gebracht (Mansfeld, Hamburg und Essen“,
Schluss zu machen „mit dem Verrat und mit dem
Schlichtungswesen“ (35).
Während die SPD
einerseits als „höhnische“ Partei
angesprochen wird (34), wird andererseits der
„Arbeitsmann der SPD“ bedauert, dessen
Portemonnaie auch leer sei (38).
Kurve Links, Berlin:
„Ihr habt es gelitten und duldet es noch,
daß sie euch zerknüppeln und zwingen ins
Joch. Man rationalisiert, und man raubt euch das
Brot, man zahlt die Milliarden von eurer Not. (32)
3. Sowjetrussland (15x)
(enthalten in Nr. 2, 4, 5, 6,
7, 8, 9, 10, 14, 17, 19, 25, 31, 33, 36)
Außer den historisch
negativen Darstellungen zur Zeit des Zaren (s.o.)
ist Russland natürlich das Land der Revolution
und der neuen ersehnten Staatsform (Sowjetunion).
Somit ist die Sowjetunion ein Beispiel (2) und wird
nicht selten zum Maßstab aller Dinge. So
werden kritiklos Begriffe wie „Heimat“
oder „Vaterland“ übernommen. Mit
Blick auf die neuen Losungen des „Sozialismus
in einem Land“, hat auch dessen Verteidigen
einen besonders hohen Stellenwert erlangt.
„zum Sturm! Die Parole |:
heißt Sowjetunion!“ (4)
„Rußland reicht
zum Gruß die Bruderhand, he, Volldampf voraus
in das Sowjetland!“ (5)
SU als Vorbild
„Landwirtschaft und
Industrie / produzieren wie noch nie / in der
Sowjetunion. Bauer, der so lange schlief, / schafft
jetzt mit dem Kollektiv / für die
Sowjetunion“ (6). Die „Kolonne Links“ meint, dass das Rote Russland das
Signal gegeben hatte und dem Kapital Todfeind sei
und „wir folgen dir!“ (14).
Das Rote Sprachrohr schildert, wie es sich das neue
Russland vorstellt, da durchziehen „rote
Traktoren das Land“, um „dem Aufbau der
Arbeit zu dienen“ (8). Schnell
übernahmen sie die Rolle der russischen
Revolutionäre und sprachen von
„wir“. „Wir führen das
Steuer mit sicherer Hand, wir pflügen der
Sowjets gewaltiges Land“. Während
„die Krise das Kapital“ erfasst, steht
„der Bolschewismus“ mit seinem
Fünfjahresplan wie Stahl“ (33).
Bedrohung herrscht auch durch
„Unternehmer und Faschisten“, die sich
nicht nur „zur Klassenschlacht“
rüsten, „um den Terror
aufzurichten“, sondern auch zum
„Kriege gegen unser Heimatland“,
gemeint war natürlich die Sowjetunion,
rüsten (31), auch
„Arbeitervaterland“ genannt (34). Daher
galt „Trotz Bourgeoisiehaß und
SPD.-Hohn die Junge Garde schützt die
Sowjetunion!“ (34.
Immer wieder entwickeln die
Agitprop-Truppen ein Szenario in dem
unterschiedliche kapitalistische Staaten die
Sowjetunion überfallen würden, von
umgekehrten Plänen sprechen lediglich die
überwiegend illegal publizierten,
unterschiedlichen Revolutions- bzw.
Bürgerkriegsphantasien (siehe Hinze,
Bluttage). Aber würden die kapitalistischen
Staaten „die Gewehre gegen die
Sowjetunion“ richten, „dann rüsten
rote Heere zum Kampf, zur Revolution!“ meint
das Rote Sprachrohr (10).
Die Kolonne Links preist
„die Technik im zweiten
Fünfjahresplan!“ (17)
Die Roten Raketen preisen in
ihrem „Marschi“ gleichen Namens:
2. Rotes Rußland, du
Arbeiterstaat, gingst uns voran mit befreiender
Tat.
Aus Unterdrückung und
Knechtschaft entstand frei aller Schaffenden
Vaterland.
Rote Raketen erhellen die
Nacht, rote Soldaten steh’n auf der Wacht,
Arbeiter, Bauern der
Sowjetunion schützen die Revolution! (19)
Es gäbe lediglich ein
Land, meint der Rote
Wedding, indem der Lohn
und die Wirtschaft gerecht seien und „es
keine Ausbeutung mehr“ gäbe“, da,
wo „die Revolution!“ siegte (25). Im
weiteren Verlauf des Liedes werden einzelne
russische Regionen positiv geschildert (33).
Musikalisch ist interessant,
dass Lieder allein weil sie aus Russland kommen
etwas Revolutionäres auszustrahlen scheinen.
Sieht man sich den Prospekt des Parteieigenen
Plattenlabels „Arbeiter-Kult“ an [Hier].
Neben politischen Liedern, hier jetzt auch wie bei
den Nietern als „Schlager“ bezeichnet,
angepriesen werden, sind vor allen Dingen Aufnahmen
des russischen Balalaika-Orchesters „Iskra“
angeboten. Der Erfolg dieser Musik scheint aber
über die Partei und deren Umfeld
hinausgegangen zu sein. So haben auch anderen Label
wie „Adler Electro“, „Hertie
Electro“ oder „Beka“ (im Archiv
vorhanden). Selbst einige Titel sind identisch
(z.B. „Lied der Wolgaschlepper“,
„Ukrainisches Potpourri“ oder
„Lied der Wolgaschlepper“.