Agitprop (6)
Lieder der Agitprop-Truppen
der KPD - Besprechung einzelner Stichworte nach
Anzahl der Häufigkeit
Inge Lammel (Lieder der
Agitprop-Truppen vor 1945. Das Lied im Kampf
geboren Heft 2, Leipzig 1959) folgend
(Die Besprechung wird
später noch einmal überarbeitet)
Der (para)militärische
Teil
1. Kampf / Revolution –
Aufruf zum Kampf
(enthalten in Nr. 1, 2, 3, 4,
5, 9, 10, 12, 14, 15, 16, 17, 19, 20, 24, 25, 26,
28, 29, 31, 32, 34, 35, 36, 37, 38)
An der Spitze der Themen steht
der Kampf, der Aufruf zu Kampf, Revolution usw. Er
kommt in 26 von 39 Agitprop-Liedern vor. Auf die
wesentlichen Dinge wollen wir kurz eingehen.
„Wir sind Soldaten der
Klassenarmee“ heißt es gleich im ersten
Lied, das Inge Lammel vorstellt, dem
„Lied des IARB“ (1), die im
zweiten Lied durch die Farbe Rot ergänzt wird
(2). Dem Beispiel der Sowjetunion folgend, sei ihr
„Wille – die Massen zum Denken [zu]
erziehn, zum Handeln, zur Revolution (2). Daher
rufen sie auf „zum Klassenkampf“ (3).
Begründungen für den
„Klassenkampf“ gibt es viele. Am
sonderbarsten sind sicherlich der
„Klassenhass“ und der
„Klasstenstolz“ (28).
„Wir hassen euch“,
heißt es vom Roten
Sprachrohr, „ihr
Drohnen auf Gut, Fabriken und Bank“ (10).
Dann droht man ihnen für den Fall, dass
„sie die Gewehre gegen die Sowjetunion“
richten würden. Dann würden die nicht
weiter erklärten „roten Heere“ zum
Kampf und somit „zur Revolution“
rüsten, denn „wir Arbeiter, Bauern,
Armeen“ sind „Soldaten der neuen
Zeit“ (10).
Mit einem kurzen
Rückblick auf vergangene
„revolutionäre“ Taten („im
Vorwärts“) folgt die Aufforderung,
„die Maschinen“ zu verlassen und
„zum Sturm angetreten“, denn „wir
erobern die Welt“ (4). Also folgt „der
Ruf zu den Waffen“, die „Fahnen
entrollt, die Gewehre gefällt“, dass sie
es schaffen werden wird nicht angezweifelt, also:
„Herbei, Ihr Soldaten der Revolution zum
Sturm! Die Parole |: heißt
Sowjetunion!“ (4).
Die Selbstbetitelung
„Soldat“ findet sich in neun Liedern
(Nr. 1, 4, 10, 17, 19, 26, 27, 29, 34).
Beispielhaft erwähnt seien: „Wir sind
Soldaten der Klassenarmee“ (1),
„Herbei, ihr Soldaten der Revolution“
(4), „Wir Arbeiter, Bauern, Armeen“
sind „Soldaten der neuen Zeit“„
(10), „Rote Soldaten“ steh’n
„auf der Wacht“ (17, 19). Und verbunden
mit einer „Arbeitsplatzbeschreibung“,
die Proletarische
Kulturvereinigung aus
Halle sagt konkret, klipp und klar: „Wir
woll’n Soldaten sein, Soldaten woll’n
wir werden. / Wir woll’n die Welt
befrei’n von Knechtschaft und Beschwerden. /
Wir ruhn nicht, bis der letzte fällt, / der
letzte Herrscher, und frei ist unsre Welt“
(26).
„Soldat“ wird
nicht immer direkt genannt, aber wenn Millionen im
Gleichschritt marschieren, ist die Verbindung
sofort da (27). Das Gleiche betrifft die
„fest geschlossenen“ Reihen in den
folgenden Liedern (28+29) oder „Die Jungen
Garden sind Soldaten der Revolution! (34-4/4)
Das „Arbeitervolk“
(5) – eine kuriose Wortschöpfung
– als gäbe es ein „Volk“ aus
„Arbeitern“, solle dem Ruf „in
den Kampf, Prolet!“ folgen, denn „Lenin
ruft“ (5).
Erich Weinert kommt
anfänglich relativ „niedlich“
daher, wenn er dichtet „was wir spielen, ist
Klassenkampf nach blutiger Melodie!“ etwas
später aber bereits „Dynamit“
(24), wenn er dann konkreter wird, verteidigt er
(wir) „das rote Berlin“ und behauptet,
sie seien „die Vorhut der Roten Armee“
(24).
Manchmal ist der Aufruf zur
Gewalt relativ harmlos ausgedrückt. So
heißt es bei der Kolonne
Links aus Berlin
beispielsweise im Refrain „Graue Kolonnen
rücken an, Proleten, Proleten, Mann an
Mann“ und „rotes Rußland, wir
folgen dir!“ (14). Oder es heißt
einfach „zum Kampfe“ (19), „zur
Wehr“ gegen die unterschiedlichen Gegner wie
„dem Hunter“, Militarismus, „der
Polizeibrutalität“, „dem
weißen Terror und Faschismus“ (16).
Eher nach einer Kneipenprügelei klingt die
„Argumentation“ der Roten Raketen,
„Unsere Fäuste sind das beste
Friedensinstrument“ (20).
Während die häufig
benutzte Aufforderung in der Agitation von KPD und
RFB „die Straße frei“ beim Lied
der Berliner Jungen
Garde zum Ersten
Mai noch harmlos daher kommt, wird sie in
Verbindung mit „zur letzten Schlacht“
(35) sicherlich anders aufgenommen worden sein.
Auch die Jugend hatte bereits
militärisch aufzutreten. Für die
„Jungproleten“ sangen die Wühler aus Berlin „für uns
Jungproleten heißt’s immer
angetreten“ kommt „heraus aus eurer
Fron, formiert das Bataillon!“ Dann soll
„dröhnen einen Massenschritt“ und
es heißt „im Sturmschritt voran!“
(37)
Bürgerkrieg, Waffen
(explizit in: 4, 10, 19, 26,
27, 29, 35, 36)
Der „Bürgerkrieg“ wird vom Roten Sprachrohr vorerst nur bezüglich des
innerrussischen Krieges (9) angeführt. Aber,
„für die Sowjetmacht“ geht es
„zum letzten Kampf“ (9) oder „zum
Endkampf“ (10), „zur letzten
Schlacht“ (15, 35).
Die Bürgerkriegsstrategie
der KPD (siehe Hinze, Bluttage) findet sich in
vielen, wenn nicht den meisten Agitprop-Liedern
wieder, da man schon den Hinweis auf die Art
Kampf sehen muss, der den Gebrauch von Waffen
beinhaltet oder zumindest impliziert. Am
deutlichsten ist es aber in den folgen Liedern
nachzuvollziehen:
4. Verlaßt die
Maschinen, heraus (Komintern-Lied) - Das Rote
Sprachrohr, Berlin
10. Wir hassen euch, ihr
Drohnen (Wir schützen die Sowjetunion) - Das
Rote Sprachrohr, Berlin
19. Elend und Hunger
bedrücken (Roter Raketenmarsch)
26 Wir wolln Soldaten sein
(Rote Soldaten) - Proletarische Kulturvereinigung,
Halle
27. Marschieren Millionen im
Gleichschritt heran (Marschieren Millionen) - Rote
Schmiede, Halle
29. Rote Fahnen wehn im Winde
(Rote Fahnen wehn) - Rote Agitatoren, Halle
35. Prolet, mach Schluß
mit dem Verrat (Lied der RGO) - Junge Garde, Berlin
36. Wir kommen, ihr Herren
(Erster Mai) - Junge Garde, Berlin
Die Zielsetzung der KPD in der
Interpretation der Agitprop-Truppen geht aber
über den Schutz der Sowjetunion und den
Bürgerkrieg bzw. die Revolution weit hinaus.
„Krieg dem Krieg!“
– Ein Schlagwort, das einer
ausführlicheren Diskussion bedarf, die aber
aus organisatorischen Gründung noch verschoben
werden muss. Auf jeden Fall finden wir diesen
Propaganda-Ausruf auch von den Roten Raketen getätigt
(20). Zur Illusion, dass „unser Sieg“
dem „Mord ein End“ bereiten würde,
muss man nichts mehr hinzufügen (20). Das
Gleiche gilt natürlich für den Schluss
des Refrains „Erst dann wird der Frieden
nicht mehr gestört, wenn dem Proleten die Welt
gehört“ (20).
Rot ist unser aller Blut, rote
Soldaten.
Rote Fahne gibt uns Mut zu den
Heldentaten.
Rot, rot, rot soll auch das
Kampflied sein
der Soldaten, die die Welt
befrei’n. (26).
Was die Roten Raketen
schmissig und durchaus überzeugen dargebracht
haben, wie man auf der DDR-Platte
„Vorwärts und nicht vergessen“ von
1974 hören kann (ETERNA 8 10 052).
Die Kurve Links
aus Berlin behauptet, „Unternehmer und
Faschisten rüsten sich zur Klassenschlacht, um
den Terror aufzurichten, die euch völlig
wehrlos macht!“ (31). „Antifa“,
Nachfolgegruppen des RFB,
„schwören“ daher „Gelb und
rosarot“, sowie
„Hakenkreuzgardisten!“ „ihren
Tod!“. Und außerdem „jagen und
schlagen“ sie „die Herren
hinaus!“ (32) Die Junge Garde meint
„Wir schlagen den Feind, der sich gegen uns
stellt, wir stürmen mutig und kühn, wir
kämpfen für eine bessere Welt“
(36).