Agitprop (3)
 

Weitere Agitprop-Truppen der KPD 1926-1938 (überwiegend Inge Lammel folgend)

IATB (Internationaler Arbeiter-Theater-Bund)
Wir sind Soldaten der Klassenarmee - wir Arbeiterspieler des IATB
Der IATB war die kommunistische internationale Vereinigung der in den Arbeiter-Theater-Bünden Spielenden bzw. der im ATBD (Arbeiter-Theater-Bund Deutschlands) organisierten Bünde.

Das Rote Sprachrohr, Berlin
1925 entstand aus Weddinger Gruppen des Kommunistischen Jugenverbandes Deutschlands anläßlich einer Lenin-Liebknecht-Luxemburg-Feier ein Sprechchor. Da ihnen dieser Begriff aber zu sehr mit „lyrischer Verschwommenheit" belastet war, wollten die Mitglieder nicht als solcher betiteln werden und nannten sich daher "Kollektivreferat". Maxim Vallentin bezeichnet diese Gruppe, die aus „15 oder 20 Jungen und Mädchen" bestand, als die erste "Agitprop-Truppe des KJVD" und datierte dies auf das Jahr 1926. Ihr erster Auftritt außerhalb Berlins führte sie 1927 nach Hamburg zum Reichsjugendtag. Ihr Programm im Zirkus Busch fand unter dem Titel "Hände weg von China!" statt. Kurz danach führte sie ihre erste Tournee in das deutschsprachige Gebiet in das Kohlengebiet der CSR. Aus dieser Gruppe entstand das „Rote Sprachrohr, Berlin".

1928 beauftragte sie die Agitprop-Abteilung des ZK der KPD die Zeitschrift „Das Rote Sprachrohr" herauszugeben, indem sie die besten Materialien der Agitprop-Truppen dokumentieren und einen Erfahrungsaustausch in die Wegen leiten sollten. Es folgte 1929 ein Auftritt anlässlich des Internationalen Jugendtages in der Sowjetunion und eine monatelange Tournee durch die Sowjetunion. Die Gruppe vergrößerte sich und unternahm weitere Tourneen (z.B. 1932 durch Westdeutschland).

Die Programmdauer lag damals zwischen 45 Minuten und 2 Stunden. Außerdem machten sie Haus- und Hofagitation, Landsonntage, Reportagen für Truppenprogramme und Presse (in der Wochenzeitschrift „Rote "Post" z.B. erschien eine vom "Roten Sprachrohr" redigierte eigene Kinderseite „Pionierwandzeitung"). Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten kamen einige der Mitglieder ins KZ, andere emigrierten. Einige der inzwischen ehemaligen Mitglieder des „Roten Sprachrohr" beteiligten sich ab 1934 an der Gründung der „Freien Deutschen Spielgemeinschaft, Prag". In London waren sie bei den Einsätzen des Freien Deutschen Kulturbundes in Untergrundbahnhöfen während der deutschen Luftangriffe dabei. In der Sowjetunion trafen sie mit Mitgliedern der „Truppe 31", der „Kolonne Links" und anderen emigrierten zusammen. In Dnjepropetrowsk entstand so ein deutschsprachiges Gebietstheater, das für die Kolchosen der deutschen Minderheiten spielte.


Kolonne Links, Berlin
Kolonne Links nannte sich eine Agitprop-Truppe aus Berlin-Steglitz, die 1928 aus der Wandersparte des Sportverein „Fichte“ hervorging. Einige der Mitglieder kannten sich aber auch aus ihrer Aktivität für die „Rote Jungfront“. Ihr Aktionsradius verbreitete sich zunehmend auf ganz Berlin. Mitglieder der Gruppe, meistens arbeitslose, waren Annelore und Hilde Ache, Kurt Arendt, Otto Blank, Dora Dittmann, Hans Hauska, Hans Klering, Samuel Katzenellenbogen, Willy Krause, Karl Oefelein, Bruno Schmidtsdorf, Willy Schulze, Trude Steier, und Helmut Damerius (Damerius, S. 18f.) Künstlerischer Leiter war Hans Klering, ein junger Schauspieler, der erste Erfahrungen in den Agitprop-Truppen Rote Raketen (Berlin) und Blaue Blusen (Köln) gesammelt hatte. Hans Hauska, ein Schüler Eislers, war für die Kompositionen verantwortlich und begleitete die Truppe auf dem Klavier. Organisatorische und politische Leitung hatte Helmuth Damerius. Von ihm stammten die meisten Texte. In ihren Stücken schufen sie ein Verbindung von Pantomime, Musik und Text in knappen satirischen Szenen.

Damerius zufolge hatte die Gruppe ein Repertoire mit starker Werbekraft. Als sie seit Ende 1929 begannen für die Internationale Arbeiterhilfe (IAH), die Rote Hilfe und die KPD in ganz Deutschland zu spielen, konnten sie 18.000 Menschen überzeugen Mitglied zu werden. Zur Belohnung konnten sie zu einem Gastspiel in die Sowjetunion reisen. Etwas unklar ist der Zeitpunkt an dem die Gruppe Verboten wurde. Jedenfalls emigrierte sie danach in die Sowjetunion und gründete In Moskau das „Deutsche Theater der Arbeiterjugend Kolonne Linke“ (Tram). Dort spielten sie vor den ausländischen Kollektiven, die „der jungen Sowjetrepublik beim Aufbau ihrer Industrie halfen“. Später vereinigten sie sich mit Teilen der „Truppe 1931“ und des „Roten Sprachrohrs“ zum Deutschen Kolchostheater Dnjepropetrowski


Rote Raketen, Berlin später Sturmtrupp Alarm
Die im Herbst 1927 anlässlich eines „Roten Pressetages“ der Roten Fahne mit finanzieller Unterstützung der Zeitung als KJVD-Truppe gegründete Agitpproptruppe „Rote Raketen“, war spätestens seit dem Sommer 1928/29 die Werbetruppe für den Roten Frontkämpferbund (RFB). Ihr Truppenlied war der Rote Raketenmarsch. Musikalisch unterstützt wurde die Truppe von einer kleinen Jazzkapelle, „mit der sie nach Beendigung des offiziellen Programms zum Tanz aufspielte“. (Lammel/Andert, Nr. 121, S. 152. Mit einem alten Auto bereisten sie ganz Deutschland. 1928/29 fand mit dem Roten Raketenmarsch erstmals der Text einer Agitproptruppe seinen Weg in ein Frontkämpfer-Liederbuch. (Rot-Front-Verlag Ernst Thälmann, S. 13). Die veränderte Politik der Partei führte dazu, dass sich Anfang 1929 die für das Reichstreffen in Hamburg vorgesehen Gruppe spaltete. Nachdem kurzzeitig zwei Gruppen gleichen Namens agierten, nannte sich die auf Parteilinie verbliebene nach dem RFB-Verbot Sturmtrupp Alarm.

Die Mitglieder der anderen Gruppe wurden als Brandleristen bekämpft. Inge Lammel, Lieder der Agitprop-Truppen vor 1945, Das Lied im Kampf geboren Heft 2, Leipzig 1958/59, S. 59 begründete die Tatsache, daß sie den Komponisten nur mit E. F. angegeben hatte, damit, daß „er der Sache der Arbeiterbewegung abtrünnig“ geworden sei.

Am 7.11.1928 schrieb Frida Rubiner in der Hamburger Volkszeitung (HVZ) über die „Roten Raketen“ u.a.:
„Der Macher ‘vons janze’ ist Harry Rothziegel, einer der ‘Väter’ der proletarisch-revolutionären Revuen. Genosse W. Adam ist das beste Schauspielertalent, der Genosse Futran, der ebenso gut Ziehharmonika wie Geige spielt, ist der musikalische Geist des kleinen Ensembles“.

Der Verlag Junge Garde führte 1930 in seinem Liederbuch Unter roten Fahnen die Übernahme von Liedern der Agitproptruppen fort. An herausragender Stelle stand zu jener Zeit Das Rote Sprachrohr, Berlin, das allein mit fünf Liedern vertreten war, doch auch die anderen Gruppen stammten ausschließlich aus Berlin:

„Sturmtrupp Alarm“
„Sturmtrupp Alarm“ bestand aus dem Kern der „Roten Raketen“ und einigen neuen  Truppenmitgliedern. Im Sommer 1929 spielten sie bereits wieder mit ihrem schlagkräftigen Programm im Auftrag der KPD für den „Kampfbund gegen das RFB-Verbot“, dann für die „Rote Hilfe“. Willi Karsch und Icki Jensen, die in dem Heft von Inge Lammel einen kurzen Text zum „Sturmtrupp Alarm“ verfassten, echauffieren sich, wie auch einige andere über die Politik jener Zeit. Es ist immer wieder erstaunlich, wie sich Vorurteile Mythen über Jahrzehnt hin am Leben erhalten. Es hat den Anschein, als hätte keiner sich einmal etwas eingehender mit der gesamten Problematik beschäftigt. Ausgebreitet wurde in der Regel die Fehlverhalten der Polizei, die es zweifellos gegeben hat, und die nicht zu entschuldigen sind.

Was nicht hinterfragt sind die Gründe, die der Staat hatt, um aktiv zu werden. Dazu hat Werner Hinze in seinem Buch „Bluttage“ einiges zur Strategie der KPD dokumentiert (erwähnt seien beispielhaft nur die Zeitschrift „Vom Bürgerkrieg“ und das Heft von Alfred Langer [Pseudonym] Der Weg zum Sieg). Und da werden Aufstandspläne offenbar, die im engen Zusammenhang mit dem Verhalte von KPD und RFB stehen und den Alltag ab 1927 entscheidend mitgestimmt haben. Und wir wollen nicht vergessen, es hat genug kommunistische Aufstands- oder Putschversuche mit vielen Toten gegeben und der Terror auf der Straße ging 1927/28 eher vom RFB aus, als von der SA (z.B. 24.8.1927: RFB-Männer Lynchen einen Polizisten in Hamburg; 30.9.1928 Blutsonntag in Geesthacht, RFB gegen Reichbanner - 2 Tote über 200 Verletzte; 7.3.1929 Straßenschlacht im Schleswig-Holsteinigschen Wöhrden zwischen RFB und SA drei Tote) 1928 zeigte sich das in einem deutlich aggressiveren Verhalten auf der Straße, was letztendlich ebenfalls einer der Faktoren ist, die zum Blutmai und zum Verbot des RFB führten. Danach hätte der Staat unbedingt reagieren müssen, nur nicht so und vor allen Dingen natürlich auch gegen Rechts.



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