Instrumentalmusik
innerhalb der Arbeiterbewegung
Das Beispiel Hamburg

Mandolinisten in Hamburg

Die geringe Literatur zu diesem Thema lässt leider nur eine Annäherung an das Thema zu. Einiges Allgemeines wurde in dem Kapitel zur Mandoline als Grundlage gesagt. Zu Hamburg liegen uns lediglich zwei Darstellungen vor. Das eine ist der Aufsatz von Marina Schneed anlässlich der Ausstellung „Vorwärts- und nicht vergessen“ in Hamburg aus dem Jahr 1982, das andere ist das Material, dass Werner Hinze zur Agitation von KPD und RFB im Bezirk/Gau Wasserkante aus Aufzeichnungen der Hamburger Volkszeitung (HVZ) zusammengetragen hat.

Schneede hält sich im Wesentlichen an Informationen und Interviews um das „Hamburger-Mandolinen-Orchester“, das 1928 aus dem „Arbeiter-Wassersport-Verein von 1909“ hervorging. Es dürfte sich hierbei um ein Orchester handeln, dass nicht im Umfeld der KPD agierte. Es wurden leider keine Grenzen deutlich, obwohl die in der Zeit der Weimarer Republik so dringend nötig sind. Alles unter dem Begriff „Arbeiterkultur“ zusammen zu ziehen ergiebt ein falsches Bild. Sozialdemokraten und Kommunisten waren waren jeweils für ein anderes System und daher erbitterte Gegner.

Der Zeitzeuge, ein gelernter Quartiersmann und Ewerführer, Herbert Balzer meinte, dass das  „Hamburger-Mandolinen-Orchester“ politisch nicht gebunden gewesen sei und „unabhängige Sozialisten, Sozialdemokraten, Kommunisten, Freidenker, Naturfreunde, FKK-Anhänger und Antroposophen“ mitwirkten. Zumindest bei den Kommunisten schleichen sich da einige Zweifel ein. Die Leitung hatte immerhin acht Jahre lang Ernst Sennholt, über den keine weiteren Informationen vorliegen. Das Orchester spielte damals im internen Rahmen des Arbeiter-Wassersport-Vereins und bei öffentlichen Veranstaltungen, auf denen es  Walzer, Märsche, Operetten-Ouvertüren und bei Werbeaktionen für die „Produktion“.

Das Orchester stellte sich auch im Rahmen des Buches von Matthias Henke (Das grosse Buch der Zupforchester) 1993 selbst vor. Dort wird über die Weimarer Zeit wenig gesagt. 1947 habe die Neugründung des Orchesters stattgefunden. Es folgen Berichte, die mit der Arbeiterbewegung nicht mehr zu tun haben.


Mandolinisten in Hamburg bzw. Wasserkante im Umfeld der KPD

Die Mandolinistenszene im Umfeld der KPD im Bezirk (Gau) Wasserkante mit Schwerpunkt Hamburg war relativ früh recht umtriebig. Aus dem Material, das uns Werner Hinze von seiner Analyse der Hamburger Volkszeitung (HVZ) zur Verfügung stellte haben wir eine kurze Chronik zusammengestellt, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Über zusätzliche Informationen wären wir dankbar, um das Bild möglichst nahe an die Realität zu führen.

Am 28. August 1925 meldet sich ein Arbeiterverband „Vereinigte Norddeutsche Mandolinen-Orchester“ an „Mandolinen- und Gitarrespieler!“. Er habe es „sich zum Ziel gesetzt, in Ottensen ein volkstümliches Mandolinen-Orchester zusammenzustellen“. Er forderte daher „sämtliche Mandolinen- und Gitarrespieler, mit und ohne Notenkenntnisse, auf, sich am Donnerstag, 20. August, abends 8 Uhr im Lokale E. Ellermann, Ottensen, Bismarckstr. 13, an der Aussprache und Anmeldung teilzunehmen.“ (HVZ v. 20.8.25, S. 4)

Fast ein Jahr später, am Donnerstag, den 10. Juni 1926 teilt eine Vereinigung „Hamburger Mandolinenfreunde“ den Genossen in Barmbeck und Eilbeck mit, dass sie, um „den Weg abzukürzen“, sich „veranlaßt gesehen“ hätten, „unser Vereins- und Übungslokal nach der Conventstraße 3 zu verlegen“. Die Vereinigung weist darauf hin, dass ihr Übungsabend jeden Freitag von 8 bis 10 Uhr stattfindet. Genossen, die „der Vereinigung beitreten wollen“, könnten sich dort melden. Die Übungen fänden „unter der Leitung eines erfahrenen Dirigenten statt, wodurch Gewähr gegeben ist, das Mandolinen- und Gitarrespiel nach einwandfreier Methode zu üben“. (HVZ Beilage Nr. 132, S. 5)  Im Juli/August nahmen dann die Bemühungen um eine einheitliche Struktur Gestalt an. Am 31.Juli 1926 richtete sich der „Deutsche Arbeiter-Mandolinisten-Bund, Gau 5 an „Mandolinen- und Gitarrespieler“ mit folgendem Text:  

„Der Deutsche Arbeiter-Mandolinisten-Bund, dessen Aufgabe der Zusammenschluß sämtlicher, auf dem Boden der freien Arbeiterbewegung stehenden, Mandolinen- und Gitarrevereine ist, um das Mandolinen- und Gitarrespiel auf der Grundlage des Notensystems zu pflegen und zu verbreiten sowie durch Fachmusikalien zu fördern, ist in allen Teilen Deutschlands zu einer starken Organisation aufgebaut. Der seit langem bestehende Wunsch einer Hamburger Ortsgruppe wird zur Tat. Am Sonntag, dem 8. August, findet in Brauers Gasthof in Lokstedt, Lokstedter Straße, die Gründungsfeier der Ortsgruppe Hamburg statt. Alle Freunde der Mandolinenmusik sowie die dem Sportkartell angeschlossenen Vereine laden wir herzlichst ein (...)

Am Sonntag, dem 8. August, vormittags 9 Uhr, findet bei H. Strove, „Cap. Horn“ Eidelstedter Weg. Ecke Telemannstr. eine Versammlung statt, an welcher die auswärtigen Gäste sowie Vereinsvorstände teilnehmen. - Tagesordnung: 1. Begrüßung der auswärtigen Gäste, Bundesvertreter Zumbusch (Magdeburg). 2. Zweck und Ziel des DAMB. 3. Organisatorisches, 4. Wahl des Gau- und Bezirksvorstandes, 5. Verschiedens. Vereine, deren Vorstand als Gäste an der Versammlung teilnehmen wollen, werden nach vorheriger Anmeldung zugelassen. Nachmittags 5 Uhr: Beginn der Tanzmusik in Brauers Gasthof. Musik, Einlage, 8 Uhr. Der Vorstand

 Mandolinen-Bund „Vorwärts“, Mandolinenverein „Unsere Freude“, Altonaer Mandolinen-Orchester, Anschrift an: Emil Hoffmann, Hamburg 19, Lindenallee 19, 2. Et. Für Altona: A. Bisser (?) Altona, Feldstraße 17,
1. Et. Vereinslokal: Biedermann, Weidenstr. 27. Freitags von 7 bis 10 Uhr.
(Beilage S. 2)

Am 24. August 1926 wurde dann die Gaugründung des Gaues 4, Norddeutschlands, des Deutschen Arbeiter- Manolinisten-Bundes bekannt gegeben (HVZ v. 24.8.26, S. 3, Sp. 5) und am 9. Dezember des Jahres erfolgte ein umfangreicher Aufruf zur Mitarbeit an die musisch interessierte, der KPD nahestehenden:


„Mandolinen- und Gitarrenspiel als Volkskunst“
Das Musizieren auf Zupfinstrumenten hat seit einer Reihe von Jahren, in welcher der Deutsche Arbeiter-Mandolinistenbund eine auf die Musikpflege in den breiten Volksschichten einflußnehmende fördernde Tätigkeit entfaltet, einen ungeahnten Aufschwung erlebt. Die im Volsktümlichen wurzelnde Spielkunst hat sich neu belebt, umgeformt und zu einem musikalischen Bildungsfaktor entwickelt, dessen Bedeutung man bereits zu schätzen beginnt. Dies um so mehr, als das Mandolinen- und Gitarrenspiel, wie es im DAMB gepflegt und gefördert wird, den Boden des niederen Dilettantismus bereits verlassen hat und einem Ziele zustrebt, welches auch seitens der ernsten Musikwelt Beachtung verdient. Nicht das Geklimper der Straße ist hier als Maßstab des „Volkstümlichen“ auszulegen, das sind harmlose Spielereien, die als Musikpflege weder anzusprechen noch beabsichtig sind, denn sie dienen bloß dem Rhythmus und der geselligen Fröhlichkeit. Das Mandolinen- und Gitarrenspiel als Volkskunst stellt vielmehr einen musikalischen Erziehungsfaktor im Rahmen der Familie dar, und dieses Streben wirkt sich dann in den zahlreichen Vereinen, in deren öffentlichen Konzertveranstaltungen in der breiten Öffentlichkeit aus, der in vorbildlicher Weise so gezeigt werden kann, was auf der kleinen niedlichen Mandoline und deren Abarten, was auf der Gitarre, oft auch im Wettbewerb mit anderen Orchesterinstrumenten, geleistet werden kann.

In richtiger Erkenntnis der Bedeutung und Entwicklung der deutschen Zupfmusik wetteifern Tonkünstler von Ruf im produktiven Schaffen auf dem Gebiete der nun erstehenden Originalmusik für diese Instrumente. Schulen und Konservatorien haben den Zupfinstrumenten ihre Tore geöffnet, und es ist zu hoffen, daß die neue Spielkunst nicht als Rivalin der schon bestehenden anerkannten und geschätzten Instrumente wie der Geige, des Cellos, des Klaviers, der Harfe u.a.m. deren Tradition und Aufgaben über jeden engherzigen Begriff erhaben sind und bleiben, betrachtet wird.

An euch Spieler und Spielerinnen, die ihr uns noch fernsteht, richtet der Gau 4 (Norddeutschland) des DAMB das Ersuchen, tatkräftig mitzuarbeiten an der weiteren Entwicklung und Förderung der Volksmusik. Der „Deutsche Arbeiter-Mandolinistenbund“, angeschlossen dem „Verbande zum Schutze musikalischer Aufführungsrechte“, bezweckt den Zusammenschluß sämtlicher Mandolinen- und Gitarrespiel auf der Grundlage des Notensystems zu pflegen, zu verbreiten und die kunstgemäße Entwicklung der Literatur sowie der Fachmusikalien dieser Instrumente zu fördern. Dieser Zweck soll unter anderem erreicht werden durch Herausgabe eines Bundesorgans mit Notenbeilage, Aufführung öffentlicher Chor- und Einzelspiele, Unterstützung der dem Bunde angeschlossenen Vereine usw. Schon fast allerorts sind wir dem Arbeiter-Sportkartell angeschlossen, somit steht uns auch hier alles Gute zur Verfügung. Aufgabe aller Spieler und Spielerinnen muß es sein, dieses schöne Ziel zu unterstützen, unsern Leitspruch:


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