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Arbeiterliedarchiv
Lancken
im e.V.
Musik von unten
Bergmann thu

Version nach Köhler
1858

1. Bergmann thu aufwachen,
der Steiger hat fünf geschlagen,
du wirst wol heute sein zu lang
zu dem Beten und Gesang;
du wirst wol müßen ausfeiern,
es wird’s wol haben der Steier.

2. „Guten Morgen, Steier,
wo sind die andern Häuer?“
„Sie sind schon längst drin in der Gruben,
da du Fauler im Bett thust ruhen;
kannst nicht zu recht aufstehen,
wirst müßen wieder heim gehen.“

3. „Ach, Steier, laßts doch heute geschehen!
Ich wills nicht mehr versehen;
meine Frau, die hat mich heut betrogen,
sie saget: der Seiger hat zwei geschlagen!
Ich will morgen zu reche kommen,
daß ihr nicht dürft drüm brummen.“

4. „Geh, du fauler Flegel,
und fahr auf deinem Schlegel“
Was werden die andern Häuer sagen?
sie werden dich vexieren und plagen,
must leiden alles ingleichen
und darzu stille schweigen.“

5. „Glück auf, ihr Schlegels-Gesellen!
ich thu mich auch einstellen.
Warum weckt ihr mich heint nicht auf,
als ihr früh giengt in die Gaß hinauf,
ließt mich also fein schlafen?
Halt, wart, ich will’s wieder so machen!“

6. „Ei, hastu es nicht gehöret?
Ich halt, es hat dich bethöret.
Als wir giengen heint vorbei.
hatten wir ein solch Geschrei,
das geschah von allen;
dein Haus hätt mögen einfallen.

7. Ach, du loser Holunke,
sauf dich nicht so trunken!
Kannst sein zu rechter Zeit heim gehen,
kannst fein früh mit uns aufstehn.
Laß stehen die Bierkanne,
du wirst wol zu rechte kommen.“

8. „Ist nichts daran gelegen,
es thut mir keiner nichts geben,
ich mag trinken so lang ich will,
es gibt mir keiner kein Blitzerling,
ich muß darvor sorgen,
wenn der Wirt nicht will borgen.

9. Nun will ich fahren vor mein Ort
und will trinken eine Pfeife Toback,
und will nehmen Schlegel und Eisen
und will tapfer thun zuschmeißen,
will das Toberich größer machen.
Ei, was gilts? der Steier wird lachn.“

10. Der Steier kam gefahren,
er war es bald gewahren,
er thät zu den andern Häuern sagen:
„Ihr habt nicht also zugeschlagen
als dieser, sollt ausfeiern,
ist worden der beste Häuer.“

aufwachen

Version nach Bergliederbüchlein
1700

1. Bergmann thu auffwachen,
Der Seiger hat fünff geschlachen,
Du wirsts wohl müssen aus feiern,
Zu den Beten und Gesang
Du wirsts wohl müssen aus feyern,
Es wird’s wohl haben der Steuer.

2. „Guten Morgen Steuer,
Wo sind die andern Heuer?“
„Sie sind schon längst drinn in der Gruben
Da du Fauler in Bette thust ruhen,
Kanst nicht zu recht auffstehen,
Wirst müssen wieder heimgehen.“

3. „Ach Steuer lasts doch heute geschehn,
Ich wills nicht mehr versehen.
Meine Frau, die hat mich heut betrogen,
sie saget, der Seiger hat zwey geschlagen,
Ich will morgen zu rechte kommen,
Dass ich nicht dürfft drüm brummen.“

4. „Geh du fauler Flegel
Und fahr auff deinen Schlegel!
Was werden die andern Heuer sagen,
Sie werden dich fexieren und plagen,
Must leiden alls ingleichen,
Und darzu stille schweigen.“

5. „Glück auff ihr Schlegels-Gesellen,
Ich thu mich auch einstellen.
Warum weckt ihr mich heint nicht auff,
Als ihr früh giengt die Gass hinauff?
Liesst mich also fein schlafen,
Halt wart, ich wills wieder so machen!“

6. „Ey hastu es nicht gehöret?
Ich halt, es hat dich bethöret,
Als wir giengen heint vorbey
Hatten wir ein solch Geschrey,
Das geschah von allen,
Dein Hauß hätt mögen einfallen.

7. ach du loser Holuncke,
Sauff dich nicht so truncken!
Kanst fein zu rechter Zeit heim gehen,
Kanst fein früh mit uns auffstehn,
Laß stehen die Ber-Kanne
Du wirst wohl zu rechte kommen.“

8. „Ist nichts daran gelegen,
Es thut mir keiner nichts geben.
Ich mag trincken so lang ich will,
Es giebt mir keiner kein Bitzerling,
Ich muss davor sorgen,
Wenn der Wirth nicht will borgen.

9. Nun will ich fahren vor mein Ort
Und will trincken eine Pfeiffe Toback
Und will nehmen Schlegel und Eisen
Und will tapffer thun zuschmeißen,
Will das Toberich größer machen,
Ey was gilts, der Steuer wird lachen.“

10. Der Steuer kam gefahren,
Er wurd es bald gewahr;
Er thät zu den andern Hauern sagen:
„Ihr habt nicht also zugeschlagen
Als dieer sold ausfeyren,
Ist worden der beste Heuer.“


Nach Heilfurth, 1954 (der nach: Bergliederbüchlein/Freiberg 1700/10)
Andere Titel: 
Text: unbekannt,
Melodie: unbekannt,
Noten:
Vorlage:
Kategorie: Bergmannslied,
Zeit: 1700, 1858,
Varianten: 
 
Geschichte / Kommentar: 

Ein Bergmannslied der besonderen Art, das wir aus dem Liederbüch von Reinhold Köhler (1858) übernommen haben. Wir haben es der Version aus dem „Bergliederbüchlein“ Nr. 30 (nach Heilfurth) gegenübergestellt. Eine Melodie wurde in beiden Fällen nicht angegeben.

Köhler gibt folgende Erklärungen:

Der Druck hat: 1. du wirts. Steuer (und so stets) 2. Heuer (und so stets) 3. drüm arummen. 4. fexieren. 10. gewahr. ausfeyren.

Ausfeiern, nicht arbeiten, vgl. Grimms Wörterbuch. Schlegel ist nicht bloß der Hammer, der Fäustel der Bergleute, sondern auch die Stelle, an der gearbeitet wird, das mit Schlegel- und Eisen-Arbeit betrieben Ort, Schlegel-Ort. Daher dann Schlegels-Gesellen, die mit an demselben Ort arbeiten.

Blitzerling, eine böhmische kleine Münze. Matthesius Sarepta (Nürnberg 1562) S. 238a: Ein schock in Behem ist sechzig kleine groschen, da einer sieben pützscherling oder kleine Pfennig gilt. Vgl. auch Fritsch Teutsch-lateinisches Wörterbuch II, 60.

Will trinken eine Pfeife Tobak. „Tobak trinken“ sagte man früher, wie auch noch heute in manchen Dialekten. Wer erinert sich nicht der Hebel’schen Verse:

Denk wol, iez lengi au in in Sack,
und trink e Pfiffi Rauchtuback.

Toberich ist das taube (d. i. unhaltige, an nutzbaren Mineralien leere) Gestein. In dem Lied „Auf, mein Herz, auf auf, ihr Sinen“, welches bei Döring II, 74 und mit einigen Abweichungen im Bergliederbüchlein Nr. 198 stet, lautet eine Zeile nach Döring „feste Knauer, raue Wände“, nach dem Bergliederbüchlein „tobe Wände“.





Quelle:
Reinhold Köhler, Alte Bergmannslieder, Weimar 1858, Nr. XIV, S. 42ff.
Gerhard Heilfurth, Das Bergmannslied. Wesen / Leben / Funktion. Ein Beitrag zur Erhellung von Bestand und Wandlung der sozialkulturellen Elemente im Aufbau der industriellen Gesellschaft, Kassel und Basel 1954, S. 720
Ludwig Erk u. Franz Magnus Böhme, Deutscher Liederhort, Bd. 3, Leipzig 1925, Nr. 1515, S. 360.



 
 
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